Ausbildung zahlt sich aus

Um Fachkräfte zu gewinnen und zu binden, setzen viele Unternehmen erfolgreich auf die Ausbildung eigenen Personals. Die Handelskammer unterstützt intensiv bei der Umsetzung.
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„Meet&Match“: Am 18. Juni kamen interessierte junge Menschen mit 35 Ausbildungsbetrieben ins Gespräch, die Nachwuchs in mehr als 40 Berufen suchten. Die Veranstaltung fand auf dem Hausboot „KAI 10 - The Floating Experience“ statt.

Von Clemens Gerlach, 2. August 2024 (HW 4/2024)

Für Nils Gerstenkorn könnte es kaum besser laufen. „Wir haben viele Bewerbungen und sind mit dem Zuspruch zufrieden“, sagt der Ausbildungsleiter von Aurubis. Diese Position übt er seit acht Jahren aus. Derzeit hat er rund 240 Azubis unter sich. 1992 war er zum Hamburger Metallproduzenten gekommen, absolvierte dort eine Ausbildung als Industriemechaniker. Über die Jahrzehnte hat sich auch seine Arbeitswelt fundamental gewandelt. So müssen sich etwa die Unternehmen heutzutage sehr viel intensiver um Auszubildende bemühen als noch vor einigen Jahren.

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Ulrich Perrey
Jayne Reimer, Ausbildungs-beraterin in der Handelskammer

„Wir sind da, wo die jungen Leute sind“, erklärt Gerstenkorn. Und damit meint er nicht nur Berufsmessen oder Schulen. Erstkontakt per WhatsApp? Kein Problem! Auch auf Plattformen wie Instagram oder TikTok ist Aurubis vertreten, bald soll noch Twitch dazukommen. Kontakt zu Influencern gibt es ebenfalls. „Wir sind offen für Veränderungen und haben uns auf die Kommunikation der heutigen Generation eingestellt. Nur so geht es.“

Die Multikanal-Strategie, die Aurubis wie etliche andere Unternehmen verfolgt, ist Teil eines seit drei Jahren bestehenden Ausbildungsmarketingkonzeptes. „Wir tun sehr viel, sind deshalb auch erfolgreich“, sagt Gerstenkorn nicht ohne Stolz. Der Berufspädagoge mit Master-Abschluss ist grundsätzlich überzeugt von der dualen Ausbildung. „So sorgen wir selbst für unsere Fachkräfte von morgen und binden Sie ans Unternehmen. Es lohnt sich auszubilden.“

Unterstützung der Handelskammer

Die Gewinnung von Mitarbeitenden ist lediglich einer der vielen Vorteile, Ausbildungsbetrieb zu werden oder es zu bleiben. Weitere Argumente sind kurze Einarbeitungszeiten für neues Personal, eine Verjüngung der Belegschaft und eine höhere Identifikation mit dem Unternehmen. Die Handelskammer liefert dabei intensive Unterstützung. Nach der Corona-Pandemie, als Praktika kaum möglich waren und Messen abgesagt werden mussten, stellen sich viele Unternehmen neu auf. „Bei uns melden sich wieder verstärkt Firmen und zeigen Bereitschaft auszubilden“, sagt Jayne Reimer, die bei der Handelskammer in der Ausbildungsberatung tätig ist.

Die Kammer gibt Unternehmen aller Branchen unter anderem fundierte Informationen zu den Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um ausbilden zu dürfen. „Die Hürden sind nicht so hoch, wie viele befürchten. Die Unsicherheiten lassen sich in der Regel schnell beseitigen“, betont Reimer. Auch sie findet es ermutigend, dass Unternehmen mittlerweile aufgeschlossener gegenüber jungen Menschen sind. „Sie gehen aktiv auf sie zu und sprechen sie an.“

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Erfolg mit Flexibilität und Diversität, intensivem Marketing und häufiger Übernahme: BUDNI konnte 2023 alle Ausbildungsstellen besetzen.

Dies zeigt sich auch beim bewährten Format „Meet&Match“. Bei dem von der Handelskammer initiierten Azubi-Speeddating, das dieses Jahr erstmals auf einem Veranstaltungsboot auf dem Mittelkanal stattfand, haben Unternehmen und Mitarbeitende in spe die Chance, sich in ungezwungener Atmosphäre kennenzulernen. Durch solche persönlichen Treffen konnten bereits häufig Ausbildungsplätze auch noch kurzfristig besetzt werden. Ein weiteres Angebot ist die bundesweite Kampagne der Industrie- und Handelskammern unter dem Motto „jetzt #könnenlernen“: Unternehmen und Azubis können hier unter anderem Eindrücke vom Ausbildungsalltag im Betrieb teilen, etwa per Video.

Ausbildung ist keine Endstation

„Eine Ausbildung ist keine Endstation, sondern eine gute Grundlage für das berufliche Vorankommen“, betont Handelskammer-Beraterin Reimer. Denn anders als früher wollen sich junge Menschen häufig nicht mehr für immer auf einen Job festlegen, sondern sich ausprobieren. Lebenslanges Lernen bietet viele Möglichkeiten, wozu auch Branchenwechsel gehören können.

Lara Hamester kann die großen Veränderungen in Bezug auf die Auszubildenden aus ihrer Berufspraxis bestätigen. „Es ist deutlich erkennbar, dass wir einer neuen Generation mit veränderten Ansprüchen begegnen. Work-Life-Balance wird großgeschrieben“, sagt die Personalreferentin Ausbildung bei der BUDNI GmbH & Co. KG, die 80 bis 100 Azubis beschäftigt, meist in Hamburg und Umgebung.

Gut 7000 Ausbildungsverhältnisse wurden vergangenes Jahr in Hamburg eingegangen. Die beiden beliebtesten Berufe sind Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement beziehungsweise Spedition und Logistikdienstleistung. Die Handelskammer bietet eine umfangreiche Ausbildungsberatung zu allen Branchen an, die Unternehmen kostenlos nutzen können. Die Kontaktaufnahme ist telefonisch (36138-138) oder per E-Mail möglich. In gebündelter Form finden Sie alle Angebote zu Aus- und Weiterbildung hier.

„Wir bieten gern die Ausbildung in Teilzeit an. Dies wird zunehmend von Bewerbenden in Anspruch genommen, die Kinder zu betreuen haben. Es ist aber zudem eine gute Möglichkeit für Personen, die sich mental nicht in der Lage fühlen, Vollzeit zu arbeiten“, sagt Hamester. Ihr Unternehmen konnte auch wegen dieser Flexibilität im vergangenen Jahr alle Ausbildungsstellen besetzen. „Wir sind sicherlich aufgrund unserer Bekanntheit in Hamburg noch nicht so betroffen wie kleinere Betriebe, dennoch müssen auch wir sehr viel mehr Aufwand betreiben, um geeignete Auszubildende für uns zu gewinnen.“

Wie Aurubis setzt auch BUDNI auf Kontinuität im Personalbereich. „Wir möchten im Anschluss an die Ausbildung möglichst viele Auszubildende in eine Festanstellung übernehmen und erhoffen uns dadurch, langfristig Fachmitarbeitende zu sichern“, erklärt Hamester.

Für Qualifizierung und Kompetenzerweiterung macht sich auch Mareike Walther stark – und dies in doppelter Hinsicht. Die Ausbildungsleiterin der Niederlassung Nord bei der Autobahn GmbH des Bundes engagiert sich als Prüferin. „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, Nachwuchskräfte in ihrer Entwicklung zu begleiten“, sagt Walther, die selbst eine klassische Berufsausbildung als Hotelfachfrau absolviert hat. „Es war eine sehr prägende und lehrreiche Zeit, an der ich sehr gewachsen bin. Mit der Ausbildung habe ich das Fundament für meine berufliche Zukunft gelegt.“

In der Hotellerie arbeitete sie später als Ausbildungsbeauftragte, dann kam der Wechsel zur Autobahn GmbH. „Ich habe mich bewusst entschieden, eine andere Branche kennenzulernen“, sagt Walther, die als ordentliches Mitglied dem Berufsbildungsausschuss der Handelskammer angehört. Sie wünscht, dass sich möglichst viele erfahrene Kräfte als ehrenamtliche Prüfende einbringen. „Die Ausbildung im dualen System ist fantastisch und einzigartig. So soll es bleiben. Ich bin stolz, als Prüferin hierbei mitwirken und mitgestalten zu dürfen.“


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