
Hamburg wächst stetig, vor allem durch Zuzüge: Im Jahr 2030 wird die Stadt erstmals die Grenze von zwei Millionen Bewohnenden überschreiten, prognostiziert das Statistikamt Nord. Das erfordert innovative Mobilitätskonzepte, die sowohl die Umwelt als auch das Straßennetz entlasten – von Velo-Routen bis zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Die Metropole versammelt dabei geballtes Know-how, sodass von Hamburg wichtige Impulse ausgehen in Bezug auf Fortbewegungsmittel, Infrastruktur und Verkehrsplanung.

Die Zukunft der Mobilität in Hamburg fokussiert sich weiter stark auf die Vernetzung und Digitalisierung von Angeboten. Seit fünf Jahren ermöglicht die HHV-Switch-App des Hamburger Verkehrsverbunds, verschiedene Transportmittel miteinander zu kombinieren – so etwa Bahn, Bus, Car- und Bikesharing.
Bis Mai 2025 verzeichnete die App mehr als 2,6 Millionen Downloads. Zu den HVV-Switch-Punkten, an denen die Optionen gebündelt werden, zählt seit 2023 auch Europas größter E-Sharing-Hub direkt am Airport. An- und Abreisenden, die Elektroautos im Car-Sharing nutzen, stehen 120 Ladestationen zur Verfügung.
Um den beruflichen Pendelverkehr zu erleichtern und Emissionen abzubauen, wurde nun auch das Pilotprojekt PRIMA auf den Weg gebracht. Kurz für: „Park and Ride in der Metropolregion Hamburg digital anbinden“. Das heißt: Die HVV-Switch-App hilft Pendelnden, die in die Bahn umsteigen möchten, bei der Parkplatzsuche – ein wichtiger Baustein, um die ländliche Peripherie besser mit der Stadt zu verknüpfen. Deshalb soll PRIMA auch in Büchen im Herzogtum Lauenburg starten.
Das Switch-Modell scheint sich auszuzahlen. Wie die im März veröffentlichte Studie „Mobilität in Deutschland“ im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums zeigt, ändern sich Mobilitätsgewohnheiten zwar relativ langsam.
Weniger Verkehr Wie Zulassungsdaten zeigen, sank die Zahl der in Hamburg registrierten Pkw trotz Bevölkerungswachstums innerhalb eines Jahres von 807 410 (1. Quartal 2024) auf 802 688 Fahrzeuge (1. Quartal 2025) – ein Minus von 0,6 Prozent. Die Studie „Mobilität in Deutschland“ zeigt für Hamburg, dass das Mobilitätsaufkommen in der Stadt insgesamt geringer geworden ist. Ausschlaggebend sind dabei vor allem Verkehrsteilnehmende, die sich primär aufs Auto fokussieren. Ihr Anteil ist von 24 auf 20 Prozent gesunken. Um drei Prozent gewachsen ist wiederum die Gruppe der Menschen, die ihre Fortbewegung hauptsächlich per Rad organisieren.
Insgesamt hat das Verkehrsaufkommen in Hamburg jedoch abgenommen. Und die Anzahl der Menschen, die ihre Wege intermodal zurücklegen, also in einem Mix aus verschiedenen Transportmitteln, ist um vier Prozent gestiegen.
Neues in der Hafenlogistik
Die Verkehrssteuerung per App liegt auch bei der Hafenlogistik im Trend. Für die 6000 Lkw-Fahrenden, die täglich die Terminals in Hamburg ansteuern, ist die sogenannte „Truckerkarte“ aus Plastik seit 2024 obsolet. Das Gate Access Management, also der gesamte Abfertigungsprozess, funktioniert nun komplett digitalisiert über die App „passify“ – eine Entwicklung der HHLA Next, also der Innovationsabteilung der Hamburger Hafen und Logistik AG. Per Zwei-Faktor-Authentifizierung kann der Check-in im Self-Service organisiert werden. Zudem lassen sich Slots für An- und Ablieferungen passgenau buchen.
„Unser Ziel ist es, einen Standard für eine simple, sichere und synchronisierte Lkw-Abfertigung an Terminals weltweit zu setzen“, erklärt Passify-Mitbegründer Marcel Lindemann. Für Rebecca Vick, Direktorin Container Entwicklung Hamburg, ist die Einführung der App „ein weiteres Beispiel dafür, dass wir als HHLA moderne Technologien gezielt einsetzen, um die Abläufe für unsere Partner und Kunden noch weiter zu verbessern“.
Ebenfalls im Hamburger Hafen eingesetzt wird heyport, eine international skalierbare Softwarelösung, über die sich Schiffsanläufe noch effizienter koordinieren lassen: Operativ Entscheidende – vom Terminal über die Reedereien bis hin zu weiteren Akteuren im Hafen – werden nahtlos vernetzt, sodass der Informationsfluss transparenter abläuft.

Zusammen mit Fernride testet die HHLA an ihrem Terminal in Estland auch intensiv selbstfahrende Trucks, die über Lichtsensoren, Radar und Kameras gesteuert werden. In einer Schaltzentrale kann der zum Teleoperator weitergebildete Lkw-Fahrende mehrere Trucks gleichzeitig überwachen und sich bei Hindernissen lenkend dazuschalten.
Fahrerlos im ÖPNV
Das Trendthema „autonomes Fahren“ gerät immer weiter in den Fokus – aufgrund des Fachkräftemangels, aber auch, um den Nachhaltigkeits- und Mobilitätsansprüchen in der wachsenden Metropole besser gerecht zu werden. Die Hamburger S-Bahn errichtet aktuell das erste voll digitalisierte Netz in Deutschland. Der Senat plant dafür Ausgaben in Höhe von 285 Millionen Euro ein, hinzu kommen 20 Millionen Euro bereits bereitgestellte Planungsmittel vom Bund. Bis 2030 sollen dann 1,1 Millionen statt heute 750 000 Passagiere pro Tag befördert werden.

Die Hochbahn baut derzeit unter anderem die Infrastruktur für ihr Projekt „U-Bahn100“ aus, um die Kommunikation zwischen Stellwerken und Fahrzeugen zu automatisieren. Das Unternehmen verspricht somit alle 100 Sekunden eine U-Bahn zwischen City und Horner Rennbahn und bis zu 50 Prozent mehr Fahrgastkapazität, wenn die U4-Verlängerung im Herbst 2027 in Betrieb geht.
Das autonome Fahren auch im Straßenverkehr zu etablieren, ist dagegen komplexer. Bis 2030 sollen in Hamburg bis zu 10 000 autonome Fahrzeuge unterwegs sein, um ein umfassendes digitales On-Demand-Verkehrsangebot schaffen. Das ist eines der Ziele der Metropol-Modellregion Mobilität, zu der Bund und Land die Hansestadt 2022 erklärt haben. Diese Zukunftsmusik wird allerdings erst nach und nach in der Realität zum Klingen gebracht.
Mitte 2025 soll das Projekt ALIKE Fahrt aufnehmen, das unter anderem die Hochbahn und der Ridepooling-Anbieter MOIA sowie die Verkehrsbehörde vorantreiben. Automatisierte E-Shuttles sollen dann in den kommenden Jahren die bestehenden Buslinien auf Abruf per App unterstützen.
Testfahrten mit ausgesuchten Nutzergruppen werden zunächst in einem 37 Quadratkilometer großen innerstädtischen Erprobungsgebiet stattfinden. Zum Einsatz kommen sollen der Volkswagen ID.Buzz AD mit Platz für bis zu vier Personen sowie der Kleinbus Holon-Mover, der bis zu 15 Menschen transportieren kann. Das Projekt wird vom Bund mit 26 Millionen Euro gefördert und gilt als Blaupause für die Umsetzung der Mobilitätswende in deutschen Städten.
Fehmarnbelt Die geplante feste Fehmarnbelt-Querung soll Hamburg besser an die nordeuropäische Wirtschaftsregion anbinden. Um Entwicklungspotenziale zwischen Schweden, Dänemark und Deutschland zu identifizieren, gründete sich 2007 das Fehmarnbelt Business Council, das mehr als 400 000 Unternehmen repräsentiert. Zu dem Zusammenschluss gehört auch die Handelskammer Hamburg. Das Projekt umfasst einen rund 18 Kilometer langen Tunnel mit vierspuriger Autobahn und zweigleisiger Bahnstrecke sowie entsprechende Anbindungen an Straße und Schiene, zudem eine neue Querung des Fehmarnsunds. Die Fertigstellung ist bisher für Ende 2029 vorgesehen.
Nachhaltigkeit für die letzte Meile
ALIKE könnte auch dem Konzept der „grünen letzten Meile“ zugutekommen und das bestehende Angebot vom StadtRad bis zu E-Scootern ergänzen. Gerade die effiziente, sozialverträgliche und nachhaltige Gestaltung der Warenzustellung durch zahlreiche Liefer- und Paketservices im verdichteten urbanen Raum stellt weiterhin eine Herausforderungen dar.
Nach vier Jahren Laufzeit endete in Hamburg im April das EU-Projekt MOVE21. Als mikro-logistische Lösungen wurden unter anderem multifunktionale Quartiershubs in Altona getestet: Mehrere Firmen nutzen ein lokales Zwischenlager, von dem aus Waren sich umweltfreundlich per Lastenrad weiter verteilen lassen. Das aus dem Projekt entstandene Best Practice Manual soll helfen, die gewonnenen Erkenntnisse auf andere Städte zu übertragen.
Ein Ergebnis ist, dass Pauschalmaßnahmen nicht greifen, sondern ortsspezifische Ansätze erforderlich sind. Prof. Dr. Gesa Ziemer, Direktorin des City Science Lab an der HafenCity Universität, betont, „dass urbane Mobilitäts- und Logistikknoten gut in das Stadtgefüge eingebettet sein müssen und sich eine intensive Auseinandersetzung mit den vorhandenen baulichen und sozialen Strukturen auszahlt“.
Um die letzte Meile zu dekarbonisieren, läuft noch bis zum Sommer 2026 das EU-Projekt DECARBOMILE – maßgeblich unterstützt von der Logistik-Initiative Hamburg. Während einer Testphase im Sommer 2025 soll das Fleet- und Kanalsystem in Hamburg vom Lieferverkehr als Transportweg genutzt werden.

Konkret geplant ist, ein Boot in Rothenburgsort mit Paketen des Projektpartners DHL zu beladen und die Sendungen anschließend auf dem Wasserweg in den Alsterfleet zu transportieren. Vom Entladeort aus sollen die Pakete dann per E-Lastenrad zugestellt werden.
Impulse für Innovation
Ob zu Land, zu Wasser oder in der Luft (wie die Magnetschwebebahn über die Elbe, deren Machbarkeit aktuell geprüft wird): Hamburg arbeitet auf verschiedenen Ebenen an der Mobilitätswende. In der soeben begonnenen Legislaturperiode will die Regierung mindestens 500 Kilometer Fahrstreifen sanieren. Laut Koalitionsvertrag sollen zudem 80 Prozent der Wege in der Stadt bald ohne Auto zurückgelegt werden – also im Umweltverbund aus ÖPNV, Fahrrad- und Fußverkehr, On-Demand- und Sharing-Systemen.
Um diese Ziele umzusetzen, gehen auch von der Forschung wichtige Impulse aus: Hamburg ist seit Neuestem einer von vier Forschungs- und Innovationsstandorten des Deutschen Zentrums Mobilität der Zukunft (DZM). Der Schwerpunkt liegt dabei auf der transdisziplinären Forschung zur Verkehrsinfrastruktur.
Unter Federführung des Hanseatic Wireless Innovation Competence Center (HAWICC) werden derzeit zwei Projekte realisiert. Unter dem Titel „Smarte Bausysteme“ arbeiten die Forschenden an neuartigen Betonsensoren für das Bauwerksmonitoring von Brücken. Ziel ist es, Schäden frühzeitig zu erkennen und Baumaterial effizienter einzusetzen. Das Projekt „Next Gen“ befasst sich damit, Routenplanungen, etwa von Rettungsfahrzeugen, durch ein digitales Echtzeit-Verkehrslagebild zu optimieren – für eine bessere Koordination der Mobilität in der Stadt.
