Enormes Zukunftspotenzial

Der Hype um die Künstliche Intelligenz (KI) flaut ab, die Technologie wird erwachsen und fokussiert sich auf Sicherheit und Zuverlässigkeit. Beim Quantencomputing startet Hamburg indes erst richtig durch.
Quantenchips reagieren höchst empfindlich auf Staubkörner, Vibrationen, chemische Verunreinigungen, Feuchtigkeit oder Temperaturschwankungen. In einem „Reinraum“ wie hier bei der Quantencomputing-Initiative am DLR werden derartige Effekte ausgeschlossen.
Leon Jakobs/DLR QCI
Quantenchips reagieren höchst empfindlich auf Staubkörner, Vibrationen, chemische Verunreinigungen, Feuchtigkeit oder Temperaturschwankungen. In einem „Reinraum“ wie hier bei der Quantencomputing-Initiative am DLR werden derartige Effekte ausgeschlossen.
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Von Eric Leimann, 28. November 2025 (HW 6/2025)

Alois_Krtil
Artificial Intelligence Center Hamburg e.V.
Alois Krtil leitet mit dem Artificial Intelligence Center Hamburg eines der wichtigsten Kompetenzzentren für Künstliche Intelligenz in Norddeutschland.

Fragt man Alois Krtil vom Artificial Intelligence Center Hamburg (ARIC) nach einem Fazit des Jahres 2025, erhält man eine Antwort jenseits des allgemeinen KI-Getöses: „Wir werden keinen Crash erleben, aber das gleiche Tempo und die Riesensummen an Investitionen wird es nicht mehr unbegrenzt geben – KI wird erwachsen. Dabei gilt: mehr Smart Force statt Brute Force! Für den Erfolg reichen manchmal kleinere Modelle, die dafür komplett souverän gehostet werden können.“

Krtil leitet eines der wichtigsten Kompetenzzentren für Künstliche Intelligenz in Norddeutschland und blickt in der Hansestadt auf rund 200 KI-Start-ups. Eine Szene, die zunehmend erkennt, dass nachhaltiger Erfolg darin bestehen könnte, sich unabhängig von den großen Modellen der Globalisten, den Generative Pretrained Transformers (GPT), zu machen und auf eigene Daten und smarte Lösungen zu setzen.

Einen vielversprechenden Pragmatismus sieht Krtil in Hamburg vor allem in sogenannten KRITIS-Umgebungen, also in Wirtschaftsbereichen, die besonders hohe Anforderungen an Sicherheit und Zuverlässigkeit stellen: etwa Anwendungen für die Hafeninfrastruktur, Logistik allgemein, Health Care und Food Supply. Nach Aussage Krtils ist Hamburgs KI-Szene hier besonders stark.

Hamburg Innovation Summit Am 18. Juni 2026 findet der „Hamburg Innovation Summit“ im Oberhafenquartier statt. Auf insgesamt 1800 Quadratmetern Ausstellungsfläche präsentiert die Innovationsszene praxisnahe Lösungen und Impulse. Der Eintritt ist frei.

Unabhängig von den Start-ups muss Künstliche Intelligenz aber auch in der Mitte der Wirtschaft ankommen. „Wichtig ist, gerade den Mittelstand zu befähigen, mit KI richtig umzugehen“, so der ARIC-Chef. „Wenn dort kluge Entscheidungen gefördert würden, könnte das gesamtwirtschaftlich einen enormen Hebel erzeugen.“ Eine hohe Anzahl an KI-Start-ups heiße nicht automatisch, dass eine Region zukunftssicher aufgestellt ist.

ARIC und Handelskammer wollen die KI-Kompetenz von Unternehmen im kommenden Jahr weiter fördern. Orientierungs-Tools der Kammer wie der „KI-Kompass“ oder der „Use Case Canvas“ bieten einen niederschwelligen Einstieg in das Thema.

Dazu hofft Jörn Schüßler, Leiter des Handelskammer-Teams „IT & Digitalisierung“, auf einen „Sandbox“-Standort in den Bereichen Autonomes Fahren, Fliegen und Schwimmen oder Medizin. Als „Sandkästen“ bezeichnet die EU im AI-Act kontrollierte Umgebungen, in denen KI-Systeme entwickelt, getestet und validiert werden können, bevor sie auf den Markt gelangen.

2025 hat das Thema Quanten in Hamburg richtig Fahrt aufge­nommen.

Benedikt Mehmel

Handelskammer und ARIC werden auch 2026 einige KI-Veranstaltungen für Unternehmen anbieten. Viele interessieren sich besonders für beispielsweise Responsible AI, Souveränität und Mensch-zentrierte KI-Implementierung. Themen, die zum Standortvorteil gegenüber den Big Playern der USA und Asiens werden sollen. Mit anderen Worten: Mehr Menschlichkeit in der KI könnte auch im wirtschaftlichen Sinne zur Erfolgsstory werden.

Noch nicht so sehr in aller Munde wie Künstliche Intelligenz, aber mit enormem Zukunftspotenzial ausgestattet ist ein weiteres Innovationsökosystem an Alster und Elbe: das Quantencomputing. Normale Computer rechnen mit Bits, die entweder 0 oder 1 sein können. Ihre Information besteht stets aus langen Reihen von Nullen und Einsen.

Quantencomputer hingegen rechnen mit Qubits, die dank eines physikalischen Prinzips namens „Superposition“ oder „Überlagerung“ 0 und 1 zugleich sein können. Rechenprozesse können auf diese Weise exponentiell schneller werden, weil Suchräume gleichzeitig „durchforstet“ werden statt nacheinander.

Robert-Axmann_Lei­ter DLR Quan­ten­com­pu­ting-In­itia­ti­ve
Roger Riedel/DLR QCI
Dr. Robert Axmann ist Spezialist für Quantencomputing und Chef der Quantencomputing-Initiative am DLR.

Hamburg gilt als eines der deutschen Zentren für Quantencomputer. Hier werden in Zusammenarbeit mit Industrie und Forschung immer leistungsfähigere Rechner gebaut und in der Anwendung („Use Case“) grundlegend geprüft.

Dr. Robert Axmann kennt sich mit der Technik aus. „Es gibt sehr spezifische Anwendungsbereiche, in denen der Quantencomputer sozusagen das Raketentriebwerk im Gegensatz zum Propeller sein wird“, erklärt der Leiter der Quantencomputing-Initiative am DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) in Lokstedt. „In anderen Bereichen bringt er hingegen gar nichts.“

Doch wer profitiert von dieser Technik? „Alle Unternehmen, die rechenintensive Prozesse haben, die auch einer Optimierung zugänglich sind“, antwortet Axmann. „Jede Logistikfirma, die umfangreiche Lkw-Touren plant, jeder Betrieb, der komplexe Materialsimulationen durchführt oder mit maschinellen Lernalgorithmen arbeitet.“

In diesem Jahr haben Axmann und sein Team ihren sogenannten „Reinraum“ in der Beiersdorfstraße in Betrieb genommen. Dort bauen verschiedene Unternehmen neue Quantencomputer.

Das dort angesiedelte Ökosystem aus Fertigung, Forschung und Anwendungsfällen, das Hand in Hand mit jenen Firmen agiert, die Quantencomputer künftig nutzen, ist laut Axmann einmalig in Deutschland. Quantenchips reagieren extrem empfindlich auf winzigste Staubkörner, Vibrationen, chemische Verunreinigungen, Feuchtigkeit oder Temperaturschwankungen. Im „Reinraum“ werden diese Effekte ausgeschlossen.

Um Forschung, Industrie und Wirtschaft in Hamburg zusammenzubringen, hat die Stadt gemeinsam mit Firmen und Institutionen aus eben diesen Bereichen die Beratungsschnittstelle „Hamburg Quantum Innovation Capital“ (hqic) ins Leben gerufen, in dem auch Benedikt Mehmel arbeitet, der sehr zufrieden mit dem ausgehenden Jahr ist. „2025 hat das Thema Quanten in Hamburg richtig Fahrt aufgenommen“, sagt er. „Die Stadt hat sich als entscheidender europäischer Standort für den skalierbaren Bau von Quantencomputern etabliert.“

KI Summit Hamburg Am 8. September 2026 laden Handelskammer, ARIC und Mittelstand-Digital Zentrum Hamburg erneut zum „KI Summit Hamburg“ ein. Das Motto „Verstehen, entwickeln, anwenden“. Auch diese Veranstaltung ist kostenfrei.

Mit der „DESY Innovation Factory“ werde ein zentraler Ort geschaffen, um die industrielle Anwendung weiter voranzutreiben. Zudem seien neue Start-ups wie EQCITED und innovative Use Cases wie „Quantum Tug Scheduling“ für den optimierten Einsatz von Schleppern im Hafen entstanden.

Quantencomputing hat das Potenzial, unsere Art zu leben, zu arbeiten und zu forschen in naher Zukunft wesentlich zu verändern – zum Beispiel im Bereich der erneuerbaren Energien, in Fragen des Klimawandels oder bei der Suche nach neuen Medikamenten. Aber auch auf Gebieten wie KI, digitalen Technologien oder Mobilität könnte sich in Hamburg im kommenden Jahr wieder einiges tun. Befassen werden sich mit all diesen Themen unter anderem der „Hamburg Innovation Summit“ und der „KI Summit Hamburg“.


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