Netzwerken fürs Klima

Der Bezirk Nord hat ehrgeizige Pläne: Der Gewerbepark Hamburg-Nord soll zum klimafreundlichsten Gewerbegebiet im Norden der Stadt werden. Die Umweltberatung der Handelskammer unterstützt das Vorhaben.
Julie
Der markante Firmensitz von Arbor Artist wurde in massiver Holzbauweise errichtet. Das Baumpflegeunternehmen verfügt über ein eigenes Heizkraftwerk, mit dem es Holzreste verfeuert und die Nachbarschaft versorgt.

Von Marina Friedt, 11. April 2023 (HW 2/2023)

Etwa die Hälfte des Stromverbrauches im Bezirk Hamburg-Nord entfällt auf Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Industrie. Der Bezirk setzt sich deshalb ein ehrgeiziges Ziel: „Unser Pilotstandort Gewerbepark Hamburg-Nord soll zum klimafreundlichsten Gewerbegebiet im Norden Hamburgs werden – ein attraktiver und zukunftssicherer Wirtschaftsstandort, beispielhaft für andere Gewerbegebiete und die Öffentlichkeit“, so Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz.

Unser Pilotstandort Gewerbepark Hamburg-Nord soll zum klimafreundlichsten Gewerbegebiet im Norden Hamburgs werden.

Michael Werner-Boelz

Mitverantwortlich für den Erfolg ist Klimaschutzmanagerin und bezirkliche Vermittlerin Mia Börner, die im Gewerbegebiet zwischen Flughafen und Alsterkrugchaussee schon mehr als 20 Unternehmen vernetzte: „Das ist unsere Best Practice!“ Um die Sichtbarkeit des Netzwerkes zu bewerben, wurden auch ein Logo und ein Verhaltenskodex entwickelt. So setzen sich alle Beteiligten im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung das Ziel, Maßnahmen in mindestens einem der vier Handlungsfelder Energie, Ressourcenschonung, betriebliche Mobilität und Klimaanpassung anzugehen und umzusetzen. Dabei werden sie von Partnerinstitutionen wie der Handelskammer mit ihrem Umweltteam unterstützt.

Umweltberatung vor Ort

Ein Betrieb, der von dieser Beratung profitierte, ist die auf Baumpflege spezialisierte Firma Arbor Artist, die fast direkt neben Lufthansa Technik in einem markanten Holzmassivhaus mit kantig geschwungener Außentreppe aus Stahl residiert. Zur Verbrennung des täglich in hohen Mengen anfallenden Baumschnittes nutzt sie ein eigenes Heizkraftwerk. Im Nahwärmenetz, also über den Hof, versorgt Arbor Artist seine Nachbarn wie das Klimatechnik-Traditionsunternehmen Carl Schrödter gleich mit. Dieses ist ebenfalls am Standort sehr engagiert und in der UmweltPartnerschaft Hamburg aktiv, in der sich inzwischen mehr als 1600 Unternehmen zu Klima- und Umweltschutz verpflichten. Schrödter installierte gerade eine 100-kWp-Photovoltaik-Anlage auf dem Dach.

Ansprechpartnerin ist Mia Börner, Klimaschutzmanagerin Gewerbe Freie und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Hamburg-Nord, Telefon 428 04-2762, montags bis donnerstags von 9 bis 14 Uhr. Mehr Informationen erhalten Sie hier. Eine Übersicht über Beratungs- und Förderungsmöglichkeiten finden Sie hier. Informationen zur kostenlosen Einstiegsberatung der Handelskammer zu Umwelt- und Energiethemen erhalten Sie auf der Kammerseite. Auf der Internetseite der Handelskammer erfahren Sie auch Wissenswertes zum Thema Klimaneutralität.

Direkt am Flughafen liegt der Sitz von Desitin Arzneimittel, einer weiteren Traditionsfirma. Reno Meinke, Leiter Technik & Qualifizierung, beschäftigt sich gedanklich schon länger mit Stromversorgungskonzepten und begrüßte jüngst die Umweltberatung der Handelskammer vor Ort: „Das war sehr nützlich und eine gute Ergänzung zu den Maßnahmen im Energiecon­trolling, die intern schon laufen.“ Dabei berät das Umweltteam der Kammer nicht nur im Betrieb, sondern es ist auch bei den dreimal jährlich stattfindenden Netzwerktreffen präsent. Mia Börner: „Der Erfahrungsaustausch und der direkte Kontakt sind sehr wertvoll, um Stolpersteine auf dem Weg zu mehr Klimaschutz aus dem Weg zu räumen.“

Die Photovoltaik-Kampagne

„Es ist von Vorteil, wenn die Unternehmen auch Eigentümer der Flächen sind, um allein über Photovoltaik, Begrünung auf dem Dach oder individuelle Wärmegewinnung zu entscheiden“, weiß Börner. Und manchmal hilft die kostenlose Erstberatung im Rahmen der Photovoltaik-Kampagne des Bezirksamtes auch, Fremdeigentümer zu überzeugen. Das galt etwa für Matthias Ederhof, Vorstand der EnergieNetz Hamburg eG und Inhaber des Digitalisierungsberaters ECM Consulting in der Sportallee, der sich schon seit Jahren als Büroflächen-Mieter für eine Energieversorgung über PV-Anlagen einsetzt. „Durch die Veränderungen der geopolitischen Lage und die Energiekostensteigerung im Jahr 2022 war unser Vermieter offen für das Thema. Das kostenlose Erstberatungsangebot gab dann den Ausschlag, um mit den Vorplanungen zu beginnen“, sagt Ederhof. Nach Abschluss der technischen Klärung mit dem Netzbetreiber soll die PV-Anlage möglichst bald realisiert werden.

Synergien für Zukunftsvisionen

Der Erfahrungsaustausch und der direkte Kontakt sind sehr wertvoll, um Stolpersteine auf dem Weg zu mehr Klimaschutz aus dem Weg zu räumen.

Mia Börner

Beim mittlerweile fünften Netzwerktreffen des Gewerbegebietes entwarf Gasnetz Hamburg eine weitere Vision: den Aufbau eines reinen Wasserstoffnetzwerkes für Industrie und Gewerbe bis 2040. Beabsichtigt ist auch, den nahen Flughafen anzuschließen. Eine Voruntersuchung zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung im Gebiet soll die Basis für ein größeres Projekt legen, bei dem der Gemeinschaftsgedanke im Vordergrund steht. „Dabei geht es noch einmal ganz konkret darum zu schauen, wie man ein Nahwärmenetzwerk aufbauen kann, das möglichst viele Unternehmen vernetzt und lokale (Ab-)Wärmepoten­ziale nutzt“, sagt Börner – im Wissen, dass das in Bestandsgebieten eine besondere Herausforderung ist.

Letztlich sind innovative Ansätze gefragt, um etwa Versorgungsleitungen auch überirdisch, also kostengünstiger, platzieren zu können. Auch wenn noch alle Hände voll zu tun sind: Durch das intensive Netzwerken mit allen Betrieben im Gewerbegebiet sind kluge Synergien quasi programmiert, um neue Best-Practice-Beispiele umzusetzen. Damit gute Ideen auch ihren Weg durch die gesamte Hansestadt finden, tauschen sich die Bezirke aus – für ein grünes Hamburg von morgen.

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