Reiseziel klimaneutral

Sämtliche Bereiche des Hamburger Hafens sollen nachhaltiger werden. Das ambitionierte Ziel: CO2-Neutralität beim Hafenumschlag und beim landseitigen Transport bis 2040.
Luftfoto Scheer/Eurogate
Das EUROGATE Container Terminal in Waltershof (li.) hat komplett auf energiesparende LED-Leuchten umgestellt.

Von Maria Zeitler, 6. April 2022 (HW 2/2022)

Seit Ende 2017 hat EUROGATE allmählich sein gesamtes Terminal auf LED-Leuchten umgestellt: eine Ersparnis von 70 Prozent Energie oder 875 Tonnen CO2 jährlich. Und die Nautische Zentrale, die den Schiffsverkehr im Hafen koordiniert, betreibt seit 2021 eine eigene Solaranlage. Ob kleine oder große Projekte, der Hafen steuert volle Kraft voraus in eine grüne Zukunft. Das ist auch aufgrund seiner Lage inmitten der Stadt wichtig – und damit die Akzeptanz weiterhin so hoch bleibt.

Alternativer Kraftstoff wird immer teurer sein, wenn die Vergleichsbasis heute Schiffsdiesel ist.

Friedrich Wirz

Es gilt, den schon heute energieeffizientesten Verkehrsträger Schiff sauberer zu machen – und daran wird gerade intensiv geforscht. Zum Beispiel von Prof. Friedrich Wirz, Leiter der Arbeitsgruppe Schiffsmaschinenbau an der Technischen Universität Hamburg (TUHH), der sich mit alternativen Kraftstoffen für Schiffsmotoren beschäftigt. Gemeinsam mit Industriepartnern hat er in zahlreichen Projekten Optionen ausgetestet, etwa mit „grünem“ Methanol: Aus regenerativem Strom wird Wasserstoff und daraus der Synthese-Kraftstoff erzeugt. „Gerade haben wir in dem Verbundprojekt ‚E2Fuels‘ untersucht, wie grünes Methanol land- und schiffsseitig logistisch und technisch genutzt werden kann“, sagt Wirz.

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Christian Schmid/TUHH
An der TUHH erforscht Prof. Friedrich Wirz alternative Schiffstreibstoffe – etwa mit Ökostrom produziertes Methanol.

Darin liegt großes Potenzial, denn flüssiges Methanol ist leichter handhabbar als LNG (Liquefied Natural Gas) – Flüssigerdgas, das sehr kalt und unter Druck gelagert werden muss. Mit dem Konzept „Energie- und Klimahafen Moorburg“ hat die Handelskammer unter anderem einen „E-Fuel-Hub“ vorgeschlagen – samt einer Pilotanlage für synthetische, CO2-neutrale Kraftstoffe auf Basis grünen Wasserstoffs.

Es geht also voran, aber wie sieht es wirtschaftlich aus? „Alternativer Kraftstoff wird immer teurer sein, wenn die Vergleichsbasis heute Schiffsdiesel ist“, erklärt Friedrich Wirz. „Wenn der Schiffstransport dadurch mehr kostet, dann ist die Situation für alle Schiffsbetreiber wieder ähnlich – und würde effizienzsteigernde Maßnahmen fördern.“ Im Hafen selbst wird gerade die „Flotte Hamburg“ in eine emissionsarme „grüne Flotte“ umgebaut – sie betreibt 50 Schiffe, zum Beispiel Brückenprüfer, Eisbrecher, Feuerlösch- und Vermessungsschiffe.

Jeder Container, den wir vom Schiff auf den Zug statt auf die Straße bringen, ist ein guter Container.

Hendrik-Emmanuel Eichentopf

Großen Einfluss auf Emissionen und Luftqualität im Hamburger Hafen haben die Schiffe aber nicht nur in Fahrt: Wenn sie vor Anker liegen, laufen die Dieselaggregate meist weiter. Doch die Stadt arbeitet auch hier weiter an tragfähigen Lösungen: Seit 2016 ist die erste Landstromanlage für Kreuzfahrtschiffe am Kreuzfahrtterminal Altona in Betrieb und deckt deren hohen Strombedarf komplett mit grüner Energie aus dem öffentlichen Stromnetz.

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Andreas Schmidt-Wiethoff/Flotte Hamburg
Das Löschboot „Prag“ fährt mit synthetischem GTL-Treibstoff bis zu zwei Stunden emissionsfrei.

Auch Containerschiffe sollen bald während der Liegezeit „grün“ laufen – die Terminals Burchardkai, EUROGATE und Tollerort werden gerade mit Landstromanlagen ausgerüstet, die Testphase beginnt ab 2023. Am Terminal Tollerort wird zudem nachhaltig mit Abwärme aus dem nahegelegenen Klärwerk Köhlbrandhöft geheizt.

Für das Terminal Altenwerder ist ebenfalls eine Landstromversorgung geplant. In der weltweit ersten zertifiziert klimaneutralen Umschlaganlage für Container be- und entladen 14 elektrische Containerbrücken jährlich mehr als 2000 Schiffe. 90 fahrerlose Transportfahrzeuge, die die Container zum Lager bringen, fahren schon zu 80 Prozent mit Batterie. Die Portalkräne, die den Container zur Zwischenlagerung abladen, arbeiten automatisch, auch im Dunkeln, sodass hier auch Energie für Licht gespart wird.

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Christian O. Bruch/HPA
Die Landstromanlage in Altona versorgt Kreuzfahrtschiffe wie hier die AIDA Sun am Anleger mit Strom.

Auch beim nachhaltigen Weitertransport der Container aus dem Hafen hilft Altenwerder als umschlagstärkster Containerbahnhof Europas. „Nur auf der Schiene kann der weltweite Güterverkehr unter den aktuellen Bedingungen klimafreundlich funktionieren, denn andere technische Lösungen sind noch nicht ausgereift“, meint dazu Peter Kiss, CEO der METRANS Group – der Bahntochter der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA).

METRANS ist seit 30 Jahren im Hamburger Hafen aktiv, jede Woche werden über das Netzwerk mehr als 550 Containerzüge abgefertigt. Auch das braucht der Hafen, um in Zukunft grüner zu werden und Emissionen und Stau mithilfe von Lkw zu reduzieren. „Das hat riesige Auswirkungen auf den Hafen“, bestätigt Hendrik-Emmanuel Eichentopf. Er ist CEO des HHLA-Spin-offs Modility, das als Buchungs- und Vermittlungsportal für den kombinierten Verkehr den Zugang vor allem zu Angeboten auf der Schiene vereinfacht sowie Anbieter von Transportkapazitäten und Spediteure zusammenbringt.

„Die meisten Lkw-Verkehre rund um den Hafen haben irgendwo einen Bezug zum Schiff“, so Eichentopf. „Jeder Container, den wir vom Schiff auf den Zug statt auf die Straße bringen, ist ein guter Container.“ Ein mit Strom angetriebener 740-Meter-Güterzug ersetzt bis zu 52 Diesel-Lkw – unverzichtbar also, wenn die CO2-Reduktion vorankommen soll. „Viele Güter gehen immer noch, auch für längere Distanzen, auf dem Lkw aus dem Hafen raus. Viele wissen gar nicht, was auf der Schiene geht – selbst manche großen Verlader nicht.“

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2. Rechte Standard: intern + HHLA Presse / Rights standard: internal + HHLA Press
Die HHLA-Tochter METRANS setzt auf umweltfreundliche Vectron -Loks von Siemens.

Auch kleine und mittlere Unternehmen der maritimen Lieferkette können zu gleichen Konditionen umsteigen. Und das größte „Fördermittel“ für die Umstellung aller Hafenunternehmen und -prozesse in Richtung Greenport könnte nach Aussage von Hendrik-Emmanuel Eichentopf sein, „dass die Versender zunehmend Interesse an der CO2-Bilanz der ganzen Lieferkette haben“.

Klimaneutral bis 2040

Im Koalitionsvertrag haben sich SPD und Grüne ein ambitioniertes Ziel gesetzt: In 18 Jahren sollen Hafenumschlag und landseitiger Transport im Hafen CO₂-neutral ablaufen. Um Luftqualität und Klimaschutz substanziell zu verbessern, soll bis 2030 vor allem die externe Stromversorgung für Seeschiffe ausgebaut werden. Auch die HHLA will bis 2040 Klimaneutralität erreichen. Unter anderem will der Hafenkonzern gemeinsam mit zahlreichen Projektpartnern die historische Blockbebauung der Speicherstadt bis dahin CO₂-neutral mit Energie versorgen.

Anreize für die Umwelt

Damit die Luft im Hamburger Hafen schneller sauberer wird, belohnt die Hamburg Port Authority (HPA) bestimmte Schiffe mit einem Bonus. So können etwa Kreuzfahrt- und Containerschiffe, die umweltfreundlichen Hafenstrom nutzen, Rabatte beim Hafengeld erhalten, das sie für die Liegezeit entrichten müssen. Auch besonders umweltfreundliche Schiffe mit einem passenden Zertifikat („Blauer Engel“ oder „Green Award“) können bei der Hafennutzung Geld sparen.

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