Resilient im Kriegs- und Krisenfall

Eines der Themen des Jahres: Die Gefahr hybrider Angriffe und bewaffneter Konflikte wächst. Doch was bedeutet dies für die Hamburger Wirtschaft? Wie können sich Unternehmen wappnen?
Im September kamen im Hamburger Hafen uniformierte Soldaten kampfbereit mit schwerem Verteidigungsgerät  bei der Bundeswehrübung „Red Storm Bravo“ zusammen. Das Manöver fand in Zusammenarbeit mit Polizei, Feuerwehr und anderen Organisationen und Behörden statt.
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Im September kamen im Hamburger Hafen uniformierte Soldaten kampfbereit mit schwerem Verteidigungsgerät  bei der Bundeswehrübung „Red Storm Bravo“ zusammen. Das Manöver fand in Zusammenarbeit mit Polizei, Feuerwehr und anderen Organisationen und Behörden statt.
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Von Eric Leimann, 28. November 2025 (HW 6/2025)

Niemand beschäftigt sich gern mit dem Ernstfall. Krieg und Naturkatastrophen, der Zusammenbruch von Infrastruktur oder gesellschaftlicher Ordnung und weitere drohende Krisen bereiten uns Angst. Dabei erscheint mehreren hier aufgewachsenen Generationen, die sich nur an friedliche Zeiten erinnern können, die Vorstellung eines Krieges in Deutschland zwar fast surreal.

Den Vorsorgeplan „Krisen, Katastrophen, Konflikte: Wie Sie Ihr Unternehmen in unsicheren Zeiten schützen“ kann man über die Internetseite der Handelskammer herunterladen oder sich auf Anfrage in gedruckter Form zuschicken lassen. In allen Fragen rund um Resilienz berät Tobias Bock (040 36138-284)

Doch die Gefahr wächst, und im September wies der Bundeskanzler mit seiner Aussage, Deutschland befinde sich zwar nicht im Krieg, aber auch nicht mehr im Frieden, auf die bedrohliche Sicherheitslage hin. Im Zuge des Klimawandels werden zudem Wetterereignisse mit katastrophalen Folgen immer häufiger, und die geopolitischen Spannungen führen zu immer stärkeren Verwerfungen.

Auch für Hamburger Unternehmen bedeutet dies: Sie müssen sich vorbereiten und Maßnahmen treffen, um resilient gegen Krisen aller Art zu sein. Die Handelskammer hat daher eine Stelle für Resilienz und Außenwirtschaftsstrategie geschaffen, die zu allen Krisen- und Resilienzfragen berät. Um Orientierung zu bieten, hat die Kammer zudem den Vorsorgeplan „Krisen, Katastrophen, Konflikte: Wie Sie Ihr Unternehmen in unsicheren Zeiten schützen“ erstellt.

Er enthält Checklisten für verschiedene Szenarien, auf die sich Betriebe vorbereiten müssen, zum Beispiel: Wie reagieren wir, wenn Lieferketten jäh unterbrochen werden? Was ist, wenn logistische Drehscheiben wie Hafen, Schiene oder auch Straße plötzlich intensiv vom Militär genutzt werden? Wie gehen wir damit um, wenn Mitarbeitende kurzfristig zur Bundeswehr abberufen werden, um etwa in Polen oder den baltischen Staaten das NATO-Gebiet zu verteidigen? Wie sieht es aus mit Objektschutz? Sind wir gegen Sabotageakte gewappnet? Was tun, wenn plötzlich fremde Drohnen auf dem Werksgelände auftauchen? Mit dem systematischen Abarbeiten der einzelnen Punkte können sich Unternehmen besser auf schwierige Situationen einstellen.

Die Handelskammer versteht sich seit jeher als Standortmanager und Impulsgeber.

Philip Koch

Resilienz und Verteidigungsbereitschaft erfordern auch die Produktion geeigneter Waren. Unternehmen, die Projekte in den Bereichen „Verteidigungstechnologie“, „Dual-Use-Lösungen“ und „Sicherheitsrelevante Innovationen“ gemeinsam mit mindestens zwei EU-Partnern verfolgen, können bis 2027 Fördermittel aus dem rund acht Milliarden Euro umfassenden Europäischen Verteidigungsfonds (EVF) beantragen.

Über diese Möglichkeiten und aktuelle Bedrohungen informierte Anfang September eine Handelskammer-Veranstaltung. Philip Koch, Leiter des Stabsbereiches „International“, erklärte in seinem Grußwort: „Die Handelskammer versteht sich seit jeher als Standortmanager und Impulsgeber. Doch in Zeiten globaler Krisen, geopolitischer Unsicherheit und wachsender Abhängigkeiten verändert sich auch unsere Verantwortung.“

Zur Resilienz gehört dabei auch die Stärkung der norddeutschen Infrastruktur – und eine Finanzierung des Hafens, die seiner Bedeutung als bundesweiter Versorgungs- und Logistikdrehscheibe gerecht wird. Auf dem Hamburg Port Summit Anfang November forderten Handelskammer und Hafenwirtschaft unter anderem eine Innovationsoffensive und 15 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für die deutschen Seehäfen – auch aus verteidigungspolitischen Gesichtspunkten.

Um die Einsatzbereitschaft der Deutschen Marine zu sichern, werden auf dem „Supplier Day für das Marinearsenal“ am 1. Dezember 2025 in der Kammer direkte Reparatur- und Instandhaltungsaufträge an Unternehmen vorgestellt. Und im September 2026 wird mit „Red Storm Charlie“ zum dritten Mal eine zivilmilitärische Übung in Hamburg stattfinden, an der auch Unternehmen mitwirken oder eine Beobachterrolle einnehmen können.

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Kati Jurischka
Philip Koch, Leiter des Handelskammer-Stabsbereiches „International“

Eine spielerische Möglichkeit, sich auf Krisen- und Kriegssituationen vorzubereiten, bieten sogenannte Wargames. Mitte November veranstaltete die Handelskammer mit „Entanglement“ zum zweiten Mal ein solches Planspiel in Zusammenarbeit mit dem „German Wargaming Center“ an der Universität der Bundeswehr.

Das Spiel ermöglicht Entscheidungstragenden, sich Zukunftsszenarien unter neuen machtpolitischen und geoökonomischen Bedingungen vorzustellen und Strategien zu entwickeln, um diese Situationen erfolgreich zu bewältigen. Dabei schlüpfen die Teilnehmenden in die Rollen von Staaten, Unternehmen, internationalen Organisationen und nicht-staatlichen Akteuren, während sie ein hypothetisches Szenario erkunden, in dem der Wettbewerb um kritische Rohstoffe thematisiert wird.

Auch wenn derlei Training und Simulationen Abwehrreflexe auslösen mögen, verantwortungsvoll und eben resilient ist man nur dann, wenn man sich mit (realistischen) Krisenszenarien beschäftigt – mit Pandemien und Naturkatastrophen, hybriden Angriffen oder eben auch Kriegen.


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