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Aus Sicht der 700 Mitarbeitenden im Hamburger tesa-Werk hat die Abschaltung der Deckenlufterhitzer vor zwei Jahren keinen Unterschied gemacht. Aus Nachhaltigkeitssicht hingegen schon. Aufgrund der Maßnahme konnten 169 Tonnen CO2 eingespart werden – so viel, wie ein Auto mit Verbrennungsmotor bei 13 Erdumrundungen freisetzt. Dabei waren die Anlagen schon länger nicht mehr in Betrieb, verbrauchten aber dennoch weiter Energie.
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Aufgestöbert hatten die „vergessenen Energieverschwender“ die Mechatroniker-Azubis Thilo Hüser, Steffen Runge und Ricardo Oliveri, die sich zuvor in der Handelskammer zum zertifizierten „Energie-Scout“ ausbilden ließen. „Manchmal sind es nur kleinere Stellschrauben, an denen man drehen muss, um nachhaltigere Ergebnisse zu erzielen“, weiß Dr. Stefan Röber, Chief Sustainability Officer bei tesa.
Tesa hat errechnet, dass durch die Maßnahme 800 000 Kilowattstunden an Heizenergie und mehrere Zehntausend Euro eingespart werden konnten. Ihre Entdeckung sicherte den tesa-Azubis den ersten Platz beim Energie-Scout-Wettbewerb der Handelskammer. Drei Workshops mussten sie zuvor belegen, um ihr Energie-Scout-Zertifikat zu erlangen. Darin beschäftigten sie sich unter anderem mit Energieeffizienz und Umweltthemen und erstellten im Anschluss ein eigenes Energieeffizienzprojekt für ihr Unternehmen. Die Nachfrage nach den Kursen für 289 Euro pro Teilnehmer ist hoch.
Doch mit der Erstellung der Projektarbeit allein ist es nicht getan: „Zur Projektumsetzung gilt es, die größte Hürde zu meistern“, sagt Frank Tießen, Leiter des Handelskammer-Teams „Energie- und Umweltberatung“. „Die Azubis müssen ihre jeweilige Geschäftsführung von dem Projekt überzeugen.“ Neben der Ausbildung zum Energie-Scout bietet das Team des 49-jährigen Umweltwissenschaftlers die klassische Einstiegsberatung zu Umwelt- und Energiethemen an. Das kostenfreie, branchenübergreifende Angebot steht allen Mitgliedern der Handelskammer zur Verfügung.
Manchmal sind es nur kleinere Stellschrauben, an denen man drehen muss.
Dr. Stefan Röber
„Mit betriebsfremden Augen gehen wir durch die Unternehmen und suchen im ersten Schritt nach Energieeffizienzmaßnahmen im vorhandenen System, bevor es an einen kostenintensiven Austausch geht“, berichtet Tießen. Denn eine Investition in Nachhaltigkeit und Energieeffizienz müsse vor allem eines – sich für die Firmen rechnen. Stellschrauben gebe es viele, „von der Beleuchtung über das Fuhrparkmanagement bis hin zum richtigen Standort von Elektrogeräten“.
Schon kleine Tipps können jede Menge Energie und damit bares Geld einsparen. Einen fertigen Maßnahmenkatalog gibt es nicht. „Unsere Vorschläge passen wir der Unternehmensgröße an – vom Ein-Mann-Betrieb bis hin zum internationalen Konzern“, erläutert Tießen. Ob die Betriebe diese Vorschläge am Ende umsetzen, bleibt ihnen selbst überlassen.
Bislang haben 2200 von insgesamt 170 000 Mitgliedsunternehmen die Umweltberatung der Handelskammer in Anspruch genommen. „Wir würden gern mehr Betriebe auf dem Weg in die Klimaneutralität begleiten“, wirbt Tießen. Davon, dass sich der Weg angesichts steigender Energiepreise lohnt, ist das vierköpfige Team der Umweltberatung überzeugt.
Am 6. März lädt das Handelskammer-Team „Energie- und Umweltberatung“ von 8 bis 10:30 Uhr zum kostenfreien „Stammtisch Energie und Umwelt“ ins Merkur-Zimmer. Nach Snacks und Kaffee gibt es einen kurzen Impulsvortrag zum Thema „Ermittlung der CO2-Emissionen im Bereich der Mobilität“. Im Anschluss haben alle Teilnehmenden Zeit zum Netzwerken. Die Teilnahme steht allen Mitgliedsunternehmen der Handelskammer offen. Der Stammtisch findet alle drei Monate statt. Hier geht es zur Anmeldung.
Dessen Angebot ist vor allem als Starthilfe gedacht. Geht es um die Entwicklung oder Weiterentwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie, verweist die Handelskammer auf Hamburger Dienstleister. Einer davon ist die Silvester Group GmbH. „Wir beraten bereits seit 2004 im Bereich der Nachhaltigkeit und durften viele Hundert Unternehmen auf ihrer Nachhaltigkeitsreise begleiten“, sagt Geschäftsführer Thilo Tern.
So beginne nachhaltiges Wirtschaften damit, Aktionismus zu vermeiden und Nachhaltigkeit als eine zentrale, strategische Managementaufgabe zu betrachten. „In vielen Unternehmen wurden zwar bereits erste Maßnahmen zum Thema Nachhaltigkeit gestartet wie die Umstellung auf E-Mobilität oder Digitalisierungsinitiativen zur Vermeidung von Papierverbräuchen. Diese Initiativen laufen aber häufig mit unklarer Zielsetzung, oder sie sind nicht sauber mit der Unternehmensstrategie abgestimmt.“
So weiß Tern, dass Nachhaltigkeit für viele Firmen zunächst wie eine komplexe Herausforderung erscheinen kann. Doch mit einem klar strukturierten Ansatz, praxistauglichen Hilfsmitteln (Tools) und gezielter Unterstützung lasse sich der Einstieg erheblich vereinfachen. „Selbst Unternehmen ohne große Kapazitäten oder Vorerfahrung können mit überschaubarem Aufwand große Fortschritte erzielen.“
Unsere Vorschläge passen wir der Unternehmensgröße an.
Frank Tießen
Zugleich ist ein Nachhaltigkeitsengagement ein Imagegewinn für den jeweiligen Betrieb. Unternehmen mit Sitz in Hamburg, die freiwillig mehr für Umwelt- und Klimaschutz tun, als das Gesetz vorschreibt, können Mitglied in der „UmweltPartnerschaft Hamburg“ werden und dafür auch das Logo nutzen. Hinter dieser Partnerschaft steckt ein 2003 von Senat und Wirtschaft gegründetes Bündnis.
1700 Betriebe gehören der „UmweltPartnerschaft Hamburg“ inzwischen bereits an, darunter kleine und mittlere ebenso wie große Konzerne. Sie alle nutzen das Netzwerk und profitieren von aktuellen Informationen über Neuerungen zum Thema Nachhaltigkeit. Die Mitgliedschaft ist kostenlos, eine Aufnahme für fast jedes Unternehmen realisierbar. Denn nur eine freiwillige Umweltleistung – vom „grünen“ Fuhrpark über die effizientere Heizungsanlage bis hin zum Balkonkraftwerk – muss nachgewiesen werden und ist an die Unternehmensgröße geknüpft.
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