Wie Hamburger Online-Shops punkten

Immer mehr Ladengeschäfte setzen auch auf Online-Vertriebswege – und manche Start-ups verzichten von vornherein auf stationären Handel. Die HW zeigt einige Beispiele.
Elbstolz
Das 2022 von Jessica Hardtmann und Daniel Kaesmacher eröffnete Ladengeschäft elbstolz ist jetzt auch online mit einem Shop präsent.

Von Charlott Mahler, 5. April 2024 (HW 2/2024)

„E-Commerce ist in der Bevölkerung breit verankert, von Teenagern bis zu Großeltern. Es gibt praktisch keine Altersgruppe, die nicht online einkauft“, erklärt Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh). Unternehmen, die allein auf klassische stationäre Vertriebswege setzen, riskieren daher, auf Dauer den Anschluss zu verlieren – auch wenn der Online-Handel nach dem Boom während der Corona-Pandemie zuletzt rückläufig war, was unter anderem auf die Aufhebung der Einschränkungen zurückzuführen ist.

Lag der bundesweite Umsatz im E-Commerce im Jahr 2022 noch bei 90,4 Milliarden Euro, ging er 2023 laut einer bevh-Umfrage um 11,8 Prozent auf 79,7 Milliarden Euro zurück. Die größten Einbußen hatten dabei die Hauptsegmente Unterhaltung (minus 14,7 Prozent auf 24,83 Milliarden Euro) und Bekleidung (minus 13,3 Prozent auf 18,52 Milliarden Euro). Bei Konsumgütern lag der Rückgang lediglich bei 7 Prozent. Die aktuellen Werte liegen jedoch nach wie vor über dem Vor-Corona-Niveau. Und für 2024 erwarten der bevh und das EHI Retail Institute in Köln ein Wachstum von zwei Prozent beim E-Commerce-Umsatz mit Waren.

Thorben_Glabbatz_TESA SE
Tesa SE
Thorben Glabbatz, Online Marketplace Manager bei tesa

Auch in Hamburg sind zahlreiche Unternehmen ansässig, die E-Commerce betreiben. Aktuell sind es mehr als 4800 – immerhin 3,48 Prozent aller deutschen Firmen in diesem Bereich, so der „E-Commerce-Atlas Deutschland“ des bevh. Wie die Verbraucherumfragen des Verbandes zeigen, bleibt dabei generell der Trend zu Online-Marktplätzen unvermindert stark: Über 50 Prozent der E-Commerce-Umsätze werden dort verwirklicht. Wenk-Fischer sieht dabei ein verändertes Kaufverhalten hin zu bewussteren Entscheidungen. Während die Kauffrequenz sinkt, wächst der Wert der Einkaufskörbe. Als möglichen Grund vermuten manche eine Kompensation für entgangene Annehmlichkeiten.

Kundschaft im Zentrum: ROCKnSHOP

Die Hamburger E-Commerce-Landschaft reicht von Start-ups bis zu globalen Playern wie dem Versandhändler Otto. Zu Ersteren gehört etwa das 2006 gegründete Start-up ROCKnSHOP, das Fan-Artikel des FC St. Pauli und von Marken aus dem Musikumfeld vertreibt, insbesondere Merchandise aller großen Musikfestivals in Deutschland. Der Shop setzte von vornherein aufs Internet, um seine Produktpalette bekannt zu machen.

„Unser Verständnis von erfolgreichem E-Commerce ist einfach: Der Kunde steht im Mittelpunkt, fertig!“, betont Geschäftsführer René Otto, der im Vorstand des Branchenverbandes bevh für Innovation zuständig ist und langjährige Erfahrung im Online-Handel besitzt. Die Online-Welt erlaubt es, Kundenbedürfnisse direkt und effektiv zu adressieren – ein klarer Vorteil gegenüber dem stationären Handel, der eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen abdecken muss.

Mit der Analyse von Daten wie Suchanfragen, Kaufhistorien und Kundeninteraktionen optimiert René Otto sein Angebot. Dabei nutzt er Werkzeuge wie Google Trends, die jeder ohne technisches Know-how bedienen kann. Solche auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierten Systeme sind nicht durch Provisionen motiviert und liefern so objektive, interessenbasierte Vorschläge. Außerdem können Unternehmen online ihre Kommunikation zielgerichteter gestalten als etwa auf dem Fernseher, wo alle die gleiche Werbung sehen. Datenanalyse ist ausschlaggebend, damit die Kundinnen und Kunden im Mittelpunkt stehen.

In beiden Welten präsent: elbstolz

Jessica Hardtmann und Daniel Kaesmacher, die kreativen Köpfe hinter elbstolz, haben ihre Leidenschaft für Hamburg im Frühjahr 2022 mit der Eröffnung eines Einzelhandelsgeschäftes in der Bahrenfelder Straße in Ottensen zum Ausdruck gebracht. „Elbstolz ist eigentlich ein Gefühl, dass ich zu einem Ort gemacht habe … Hamburg ist in all seinen Grautönen schön“, erklärt Hardtmann. Spezialisiert haben sie sich auf den Verkauf von Souvenirs und Firmengeschenken, darunter Tassen, T-Shirts und spezielle Kaffeesorten.

Allgemeine Tipps und Informationen zum Thema E-Commerce finden Sie hier. Das Mittelstand-Digital Zentrum Handel bietet zahlreiche Webinare zum Online-Handel. Der E-Commerce-Atlas Deutschland, den die Uni Regensburg im Auftrag des bevh erstellt hat, enthält eine Reihe interessanter Daten zu diesem Thema.

Seit Kurzem sind sie auch im Netz präsent. Und ihre Erfahrungen mit der Einführung des Online-Shops entsprechen denen vieler mittelständischer Unternehmen – vom notwendigen Einkaufen externer Expertise bis hin zur Schwierigkeit, eine effektive und kostengünstige Marketingstrategie zu entwickeln.

Eines der Elemente dieser Strategie ist Mehrsprachigkeit. Mit dem KI-gestützten Online-Übersetzungsangebot DeepL übertrugen sie ihre Website in acht verschiedene Sprachen: ein Mittel, um neben lokaler Kundschaft auch Hamburg-Gäste auf der Suche nach Souvenirs anzulocken. Die Mehrsprachigkeit unterstützt zudem die Suchmaschinenoptimierung (SEO) und verbessert die Sichtbarkeit des Shops bei Google. Ein wichtiger Schritt, denn die meisten Einkäufe im Netz starten mit einer Suchanfrage.

Global handeln: tesa

Auf der anderen Seite des Spektrums steht die Beiersdorf-Tochter tesa SE, die ihren Direktvertrieb (D2C, Direct-to-Consumer) durch einen eigenen Online-Shop mit Produkten zum Kleben, Befestigen, Renovieren und Dekorieren ausbaut. Einer der Vorteile, so Thorben Glabbatz, der bei tesa für den Online-Vertrieb zuständig ist: Während ein direkter Austausch des Unternehmens mit der Käuferschaft im traditionellen Vertrieb eher selten erfolgte, ermöglicht der Online-Shop direktes Feedback. Dieser unmittelbare Einblick in Kundenwünsche und -bedürfnisse erlaubt es, Produkte schnell anzupassen und Neuerungen effektiv in den Markt zu bringen.

E-Commerce ist in der Bevölkerung breit verankert.

Christoph Wenk-Fischer

Damit zeigt sich das Potenzial des D2C-Vertriebsmodells, das vier Prozent des gesamten E-Commerce-Marktes ausmacht. Im direkten Vertrieb behalten Unternehmen die Kontrolle über das Kundenerlebnis, über Preise, Marketing und Kundendaten. Ein weiterer Vorteil von D2C ist Agilität: Firmen können ohne lange Vertriebswege schnell innovieren und Angebote anpassen.

Unternehmen stehen vor der Herausforderung, sich in einem schnelllebigen Markt zu behaupten, der von großen Playern dominiert wird. Doch die Erfahrungen von elbstolz oder ROCKnSHOP zeigen, dass E-Commerce KMU erlaubt, mit Nischenstrategien, Online-Marktplätzen und Kundendatenanalysen ihre Marke zu festigen und direkt mit ihrer Kundschaft zu interagieren. Erfolg hängt weniger von der bloßen Online-Präsenz ab, sondern vielmehr von der Anpassungsfähigkeit an Kundenwünsche, effektiver Vernetzung mit Partnern und der Fokussierung auf die Zielgruppe. Für alle, die bereit sind, sich anzupassen und innovativ zu handeln, bietet die digitale Welt unzählige Chancen.


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