Das Gänseessen in der Ochsenwerder „Wein- und Friesenstube“ ab November hat Tradition und ist überaus beliebt. 199 Euro pro Gans für vier Personen lassen sich die Gäste den Schmaus in diesem Jahr kosten. „Die Billigsten wollten wir nie sein“, sagt Gastwirt Arne Meyer. Auf Qualität legt der 54-Jährige großen Wert, betont aber, „dass es noch nie so schwer war wie jetzt, damit unterm Strich überhaupt noch etwas hängen bleibt“.
Seit 33 Jahren ist Meyer in der Branche tätig und „erlebt als Unternehmer aktuell die härtesten Zeiten“. Der Kosten- und Bürokratiedruck auf Restaurant- und Gaststättenbetreiber sei inzwischen enorm, zugleich sei qualifiziertes und motiviertes Personal auch 2025 rar: „Unter diesen Bedingungen ist vielen der Spaß am Gastwirtsein abhandengekommen“, weiß er aus Gesprächen im Kollegenkreis. „Ohne Spaß und Leidenschaft aber hält man diesen Job mit seinen Wochenend- und Nachtschichten nicht durch.“
Meyer war gerade erst 21 Jahre alt, als er durch den plötzlichen Tod des Vaters zum Gastwirt wurde. Zu jener Zeit gab es rund 20 weitere Gastwirtschaften in den Vier- und Marschlanden, erinnert er sich. Heute zählt er nur noch zehn, von denen drei ebenfalls ans Aufhören denken.
Dass immer mehr alteingesessene Gaststätten, die teils seit mehreren Generationen betrieben werden, vom Markt verschwinden, ist die große Sorge von Kathrin Wirth-Ueberschär, Dehoga-Vizevorsitzende in Hamburg. „Wenn so ein erfahrener Gastbetrieb sich nicht trägt, läuft grundlegend etwas schief, dann stimmen die Rahmenbedingungen nicht“, sagt die Direktorin des Hotels „Reichshof Hamburg“.
Umso größere Hoffnung setzen sie und die gesamte Branche im Jahr 2026 und danach auf die dauerhafte Absenkung der Mehrwertsteuer auf Speisen von 19 auf 7 Prozent, die am 20. Dezember den Bundesrat passieren und ab dem 1. Januar gelten soll. „Das ist der Anker, um überhaupt wettbewerbsfähig bleiben zu können“, ist Wirth-Ueberschär überzeugt.
Ohne diese Absenkung, die auch für Schul- und Kita-Caterer gelten soll, sieht die Hoteldirektorin schwarz für die Vielfalt der Restaurantbetriebe in den Stadtvierteln jenseits des Zentrums: „In der Innenstadt wird sich immer wieder ein neuer Betreiber finden, in den weniger frequentierten Teilen hingegen gelingt das schwieriger.“ Die Dehoga-Vizevorsitzende wirbt dafür, dass alle ihre Gastbetriebe bei sich vor Ort unterstützen, um so die Lebensqualität im eigenen Viertel auch in Zukunft zu erhalten.
Viele Gäste von Arne Meyer machen sich extra auf den Weg, um in seiner „Marschländer Elblounge“ am Elbdeich oder in seiner „Wein- und Friesenstube“ zu essen. Letztere ist aus personellen Gründen aber nur noch eingeschränkt für Feiern oder eben am Wochenende fürs Gänseessen geöffnet – ein Weg, mit den Herausforderungen umzugehen.
Ein anderer ist der Einsatz hochmoderner Technik im Service, in der Reinigung und beim Mixen von Cocktails. „Barkeeper sind wie seltene Rohdiamanten“, sagt Meyer, der auf seine Cocktailmixmaschine schwört, die ihm in Sekunden einen perfekt gemixten Aperol Spritz fertigt. Er selbst hat aus der Not eine Tugend gemacht und ist in den Vertrieb von Service- und Reinigungs-Robotern und Cocktailmaschinen eingestiegen.
Für Bar-Betreiber Stephan Fehrenbach ist eine Mixmaschine keine Option. „Meine Barkeeperin ist für mich eine der wichtigsten Personen in meinem Lokal“, sagt der Besitzer der „Laundrette“ in Ottensen. Er schätze das Barkeeper-Handwerk sehr, bei dem nicht nur Können, sondern auch viel Wissen gefragt ist.
„Maschinen können nicht mit der Kundschaft kommunizieren, um ihre individuellen Vorlieben herauszufinden“, sagt der 56-Jährige, der schon länger kritisiert, dass seine Branche und deren Personal in der Gesellschaft zu wenig wertgeschätzt werden. „Dabei sind es doch die Bars, Restaurants und Cafés, in denen Menschen zusammenkommen, quatschen und feiern.“
In Fehrenbachs Bar derzeit umso mehr, weil drei andere Bars in der Umgebung dicht gemacht haben. Zudem darf bei ihm getanzt werden. „Leichtigkeit und Spaß sind in politisch angespannten Zeiten wie diesen sehr gefragt“, freut er sich über den großen Zuspruch.
Wer sich im Hotel- und Gaststättengewerbe selbstständig machen möchte, findet auf der Internetseite der Handelskammer zahlreiche Informationen, zum Beispiel über Rechtsvorschriften, über räumlichen Arbeitsschutzanforderungen oder die zweckmäßigste Rechtsform. Die Handelskammer bietet auch einen regelmäßigen digitalen Workshop an, um die Schulungsverpflichtung nach § 4 LMHV erfüllen zu können.
„Erlebnismomente wie der Musicalabend, der Festivalbesuch oder der Marathon sind es, die die Menschen in die Stadt ziehen, und die offizielle Silvestergala im Hafen ist ein Gewinn für Hamburg“, sagt Kathrin Wirth-Ueberschär. Sie ist eine große Befürworterin der Hamburger Olympia-Bewerbung, mit der sich auch die Handelskammer in diesem Jahr intensiv beschäftigt hat und über die die Hamburger Bevölkerung voraussichtlich am 31. Mai 2026 abstimmen kann: „Dieses Großereignis im Jahr 2040 ist eine riesige Chance, die Stadt international bekannter zu machen und sie nach vorn zu bringen.“
Aktuell ist es mit der Internationalität der Gäste nicht allzu weit her. Die meisten kommen laut Statistischem Landesamt aus Dänemark. Angesichts der Einwohnerzahl von knapp sechs Millionen sei der Markt aber überschaubar, meint Wirth-Ueberschär, die 2025 als ein Jahr wahrgenommen hat, „das für die Hamburger Hotels äußerst schwierig, für einige sogar existenzbedrohend ist“.
Das scheint im ersten Augenblick mit dem Plus von zwei Prozent bei den Übernachtungszahlen im ersten halben Jahr im Widerspruch zu stehen. „Auf den zweiten Blick aber sagt diese Zahl eben nichts über das Betriebsergebnis der einzelnen Häuser aus“, berichtet Wirth-Ueberschär. So sei der Durchschnittspreis für das Hotelzimmer in der Hansestadt erneut gesunken, da das Angebot an Betten gewachsen sei. Was den Gast freut, führt die Hotels allerdings in Existenznot, denn die Kosten, vom Frühstücksei bis hin zum Personal, haben sich extrem erhöht – woran sich auch im Jahr 2026 so schnell nichts ändern dürfte.

