Wo Kreative tätig sind

Ob städtisch oder genossenschaftlich organisiert: Wenn Hamburgs Kultur- und Medienbranche über gute räumliche Bedingungen verfügt, profitiert die ganze Stadt.
Designer Anthony Josef Heim kreiert, produziert und verkauft seine Mode im „FABRIC – Future Fashion Lab“ in der GALLERIA Passage.
Hamburg Kreativ Gesellschaft
Designer Anthony Josef Heim kreiert, produziert und verkauft seine Mode im „FABRIC – Future Fashion Lab“ in der GALLERIA Passage.
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Von Birgit Reuther, 26. September 2025 (HW 5/2025)

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Oliver Reetz
Dr. Katja Wolframm, Leiterin des Bereiches „Immobilien und Stadtentwicklung“ bei der Hamburg Kreativ Gesellschaft

Mitten in der Hamburger Innenstadt arbeitet Modedesigner Anthony Josef Heim an einem Ort, an dem er für sein Label AVA alle Schritte realisieren kann – von der ersten Idee über Prototypen-Entwicklung und Produktion bis hin zum Verkauf. 2024 eröffnete in der GALLERIA Passage das „FABRIC – Future Fashion Lab“.

Auf rund 700 Quadratmetern finden sich dort stationäre Atelierplätze mit 3D-Schnittprogrammen, einer Werkstatt mit Maschinenpark, Showroom und Pop-up-Store sowie ein Areal für Shootings und Veranstaltungen. „Die Vielfältigkeit der Werkzeuge ist wirklich perfekt für einen flüssigen Arbeitszyklus“, erklärt Anthony Josef Heim begeistert.

Das „FABRIC – Fashion Future Lab“ ist ein Projekt von Stadt, Design Zentrum Hamburg und Hamburg Kreativ Gesellschaft, die als städtischer Wirtschaftsförderer zahlreiche Orte für die Kultur- und Medienbranche entwickelt. Der Kreativspeicher „M28“ etwa beheimatet auf 4200 Quadratmetern innovative Unternehmen wie das „Virtual Reality Headquarters“. Die insgesamt sieben Etagen, auf denen einst Kaffee und Kakao lagerten, hat die HHLA als Eigentümerin aufwendig saniert.

Die Hamburg Kreativ Gesellschaft fungiert als Hauptmieterin. Auch Next Media Hamburg, eine Initiative der Gesellschaft, verbindet im M28 hanseatische Handelsgeschichte mit Zukunftstechnologien: In ihrem SPACE tauscht sich die Medien- und Digitalwirtschaft im Co-Working und bei Events aus. Eine Bündelung von Ideen und Know-how.

2028 soll das deutschlandweit erste Kompetenzzentrum für Visuelle Medien in den Deichtorhallen eröffnen – mit dem Zweck der kulturell-gesellschaftlichen Bildung. Im Fokus steht die kritische Analyse medialer Phänomene wie KI oder Deepfakes in den sozialen Medien. Zu den Zielgruppen gehört insbesondere die Kreativ-, Design- und Medienbranche, für die die Digitalisierung einen tiefgreifenden Wandel ihres Berufsfeldes bedeutet. Ein innovatives Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm soll Vor- und Nachteile aktueller Technologien und Bildkulturen in den Blick nehmen. Partner des Projektes ist die ZEIT Stiftung Bucerius.

„Neben kreativen Orten, die privatwirtschaftlich oder genossenschaftlich organisiert sind, ist es wichtig, dass auch die Stadt selbst Räume aktiv erschließt und unterstützt“, erläutert Dr. Katja Wolframm, Leiterin des Bereiches „Immobilien und Stadtentwicklung“ bei der Hamburg Kreativ Gesellschaft. Gut ablesen ließen sich Synergieeffekte etwa im Oberhafen, einem der größten kreativen Quartiere der Stadt.

Die Nutzung der dortigen Hallen reicht von der Filmproduktion bis zur Livemusik. „Kreative profitieren in besonderem Maße von derartigen Clustern“, so Wolframm. „Durch die enge Verzahnung arbeiten sie intensiver und werden gemeinsam besser.“ Allerdings erfordert es durchaus Flexibilität, an solch einem Ort miteinander zu wirken: Die Miete im Oberhafen kostet zwar günstige fünf Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter, doch sind die Hallen weder hochwassergeschützt noch beheizt.

„Kreative sind Treiber für Transformationsprozesse innerhalb der Stadt“, erklärt Katja Wolframm. Beim „FABRIC – Future Fashion Lab“ lasse sich etwa erforschen, wie sich die oftmals ausgelagerte Modeproduktion in die City zurückholen lässt. Kreative Vielfalt sei attraktiv für die Branchen selbst, aber auch für Nachbarschaft und Stadtgesellschaft. Die Expertin sieht daher eine verstärkte Nachfrage der Immobilienwirtschaft nach Projekten aus der Kultur- und Medienbranche.

Ob dauerhaft oder temporär: Kreative Nutzung hat in Hamburg eine lange Geschichte und zeigt immer wieder Potenziale, aber auch Defizite in der Stadtplanung auf. Der 1973 eröffnete Frappant-Komplex in der Großen Bergstraße beispielsweise galt kurz als Shopping-Vorzeigeprojekt. Nach Auszug von Karstadt wurden die zunehmend heruntergekommenen Räume in den 2000er-Jahren von der Kunst- und Musikszene genutzt, bis IKEA mit dem Bau seiner Filiale begann.

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Melanie Johänning-Brunke
Eingang der fux-Genossenschaft in der ehemaligen Viktoria-Kaserne

Nach Verhandlungen mit der Stadt zogen die Kreativen im Jahr 2010 in die ehemalige Viktoria-Kaserne in Altona-Nord, wo sie 2014 die fux-Genossenschaft gründeten. Mittlerweile arbeiten 250 Mitglieder aus unterschiedlichen Gewerken an diesem selbst verwalteten Produktionsort. „Für die Kurzfilm Agentur Hamburg mit ihren Filmfestivals und anderen Aktivitäten ist ein kreatives Umfeld wie in der Viktoria-Kaserne extrem bereichernd“, sagt Sven Schwarz, organisatorischer Leiter des Kurzfilm Festivals Hamburg. „Als Mitglied der fux-Genossenschaft ist der finanzielle Druck auf uns als Kreative und Kulturschaffende wesentlich geringer als an anderen Orten, sodass es sich mit weniger Zukunftsängsten arbeiten lässt.“

Während Orte wie das Gängeviertel inzwischen etabliert sind, sind viele Kreative händeringend auf der Suche nach Freiräumen. So ist unter der A7-Brücke nahe des S-Bahnhofes Stellingen eine Outdoor-Fläche geplant, die Hamburger Clubs ab 2026 nutzen wollen.

Kai Schulz, Vorstand des Clubkombinats, hofft, dass die Finanzierungs- und Genehmigungslage bis zum Winter geklärt ist: „Wir wollen den Clubs die Möglichkeit eröffnen, Open-Air-Veranstaltungen zu organisieren – zentral gelegen und mit geringerem finanziellen Risiko.“ Schulz sieht darin eine Chance, vor allem den Nachwuchs zu fördern. Damit Hamburg kreativ bleibt.


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