
Mit dem „Zukunftsbild Innenstadt“ hat der Hamburger Senat Anfang Juli ein wichtiges Update für die zukünftige Gestaltung der City vorgelegt. Das Papier schreibt das Innenstadtkonzept von 2014 und das Handlungskonzept von 2020 fort – und zeichnet Wege auf, das Quartier lebenswerter und attraktiver zu machen.

Einige maßgebliche Aspekte: Die zentralen Geschäftslagen sollen ihr Profil schärfen, erlebnisreicher werden und länger belebt bleiben. Die City, so die Vorstellung, wird zum 24-Stunden-Kulturraum, während bezahlbare Wohnungen, mehr Grün- und Spielflächen sowie aktivierte Innenhöfe für weitere Belebung sorgen. Ziel ist ein Mix aus Büros, urbaner Manufaktur, Handel und Wohnen.
Auch an die Mobilität ist gedacht: Schlüsselplätze und Verbindungsachsen sollen verkehrsberuhigt werden, Wasserlagen besser zugänglich sein. Vorgesehen sind mehr Raum für Fuß- und Radverkehr, ein engmaschiges Flaniernetz und ein besser ausgebauter ÖPNV. Die Erreichbarkeit für motorisierten Individualverkehr soll dabei gewährleistet bleiben.
Geplant ist zudem, die City als Modellzone für Hitzevorsorge und Klimaanpassung zu gestalten. Historische Stadträume sollen behutsam modernisiert, sauberer und sicherer werden. Insgesamt soll sich die Innenstadt, so die Hoffnung, in Zukunft vielfältiger, bewohnter und auch abends belebter präsentieren.
Mehr Wohnraum und neue Impulse
An dem Dokument wirkten zahlreiche Akteure mit, auch die Handelskammer war eingebunden. „Das neue Zukunftsbild Innenstadt ist ein wichtiger Schritt – und wir begrüßen ausdrücklich, dass viele Impulse aus der Wirtschaft aufgenommen wurden“, erklärte Handelskammer-Präses Prof. Norbert Aust. Jetzt gelte es, „auf dieser gemeinsamen Grundlage weitere konkrete Projekte zu entwickeln, um die Innenstadt weiterzuentwickeln“.
Ein besonders wichtiger Handlungsschwerpunkt aus Kammersicht ist dabei die Schaffung von mehr Wohnraum in der City. Denn trotz einiger Wohnprojekte ist eine signifikante Bewegung zurück ins Zentrum bisher kaum zu erkennen. Vor 200 Jahren lebten 50 000 Menschen in der Innenstadt, heute nur noch 15 000, davon 12 500 in der Neustadt, also außerhalb der eigentlichen City.
In diesem Zusammenhang schlägt das Papier ein ganzes Bündel von Maßnahmen vor – von der Umgestaltung leer stehender Immobilien zu Wohnanlagen über die Schaffung geeigneter planungs- und bauordnungsrechtlicher Bedingungen bis hin zum Ausbau des Versorgungs- und Dienstleistungsangebotes wie Nahversorgung, Schulen, Kitas oder Arztpraxen. Ein erster Schritt ist etwa die öffentliche Förderung des Wohnprojektes „Gröninger Hof“.
Dynamik dank Westfield
Die City braucht zweifellos eine neue Dynamik, und das neue Leitbild kommt zur rechten Zeit. Ersten Schwung in die Entwicklung brachte dabei das im April eröffnete Westfield Hamburg-Überseequartier in der HafenCity: „Die City reicht jetzt von der Binnenalster bis zur Elbe“, konstatiert Brigitte Allkemper, die im Herbst ausscheidende langjährige City-Managerin.
Als trennende Schneise wirkt allerdings nach wie vor die sechsspurige Willy-Brandt-Straße mit ihren 60 000 Fahrzeugen täglich. Der nur 900 Meter entfernte Domplatz scheint gefühlt mindestens doppelt so weit entfernt, und die „Domachse“ bleibt bisher der schwächste Punkt der Innenstadtentwicklung. „Seit zehn Jahren reden wir über dieses Thema“, bewegt habe sich in der Zeit jedoch wenig, sagt Allkemper – die gleichzeitig die Mobilitätsprobleme in der Innenstadt hervorhebt: „Das Baustellenmanagement rund um die City muss dringend besser werden, und bitte auch die Umleitungen mitbedenken.“

Doch auch wenn noch viel zu tun ist: Mit der Eröffnung des Westfield hat für die City ein neues Zeitalter begonnen. „Wir haben gerade den ersten gemeinsamen verkaufsoffenen Sonntag mit dem Überseequartier veranstaltet, unser Verhältnis ist sehr gut und kooperativ“, erklärt Allkemper. Von den Diskussionen der Vergangenheit und der Befürchtung eines Kaufkraftverlusts in der City möchte sie nichts mehr hören. Erste Zahlen, die bei der Vorstellung des Leitbilds genannt wurden, sprechen sogar dafür, dass sich das Überseequartier belebend auf die Innenstadt auswirkt. Doch für belastbare Aussagen muss die Entwicklung weiter beobachtet werden.
Innovatives Wohnprojekt Wohnen statt Parken: Im Zentrum Hamburgs entsteht ein außergewöhnliches Wohnprojekt. In einem ehemaligen Parkhaus schafft die Genossenschaft Gröninger Hof mit öffentlicher Förderung 90 Wohnungen. In den unteren Etagen sollen Angebote aus Kultur, Bildung, Kleingewerbe und Gastro sowie Co-Working für Belebung sorgen. Die Fertigstellung des Projektes ist für 2027 vorgesehen.
Großprojekt in Aussicht
Ändert sich die Gesamtsituation der Innenstadt bislang in eher kleinen Schritten, so scheint Hamburg zumindest an einer Stelle ein großer Wurf zu gelingen. Im Herzen der Stadt, am derzeit etwas tristen Gerhart-Hauptmann-Platz, soll mit dem „Haus der Digitalen Welt“ (HddW) ein echtes kulturelles Leuchtturmprojekt entstehen.
Es soll ein offener Ort sein, der Menschen zusammenbringt, Innovation fördert und die Innenstadt zukunftsfähig macht. Das Projekt will in der Liga bekannter internationaler Vorbilder wie dem Dokk1 in Aarhus oder dem Futurium in Berlin spielen. Getragen wird das HddW von der Zentralbibliothek der Bücherhallen, der Hamburger Volkshochschule und dem Zentrum für Schul- und Jugendinformation, die das Projekt gemeinsam mit zahlreichen Partnern gestalten wollen.
Standort wird das ehemalige Gebäude der HSH Nordbank sein. „Das HddW, realisierbar bis 2030, wäre ein in die Zukunft gerichtetes Angebot und würde wichtige Angebote wie die Zentralbibliothek mitten in der City verankern“, begrüßt auch die Handelskammer den Plan. Verbunden mit neuem Leben für den Gerhart-Hauptmann-Platz gäbe es hier die Chance, die Ziele des Leitbildes auf engstem Raum in die Praxis umzusetzen.
