HW-Tandem-Serie, Teil 1: Zeit zu zweit effizient organisieren

Führungstandems werden als Jobsharing-Modelle besonders in Hamburg immer beliebter. Darüber wird auch am 8. Juni beim Tag des Mittelstands diskutiert (siehe unten). Eine neue Artikel-Reihe auf HW Online stellt Beispiele und Konzepte, Vorteile und Herausforderungen vor. 
Stefan Seimer, privat, Haspa (2), Carsten Tamm
Die Führungstandems Anne Wortmann und Hilke Krause (Unilever, oben li.), Melania Wegner und Stephanie Knobloch (Haspa, unten li.), Kathrin Wraage und Claudia Hatje (re.)

Von Birgit Reuther, 3. Mai 2023

„Freitag ist unser Überlappungstag‟, erklärt Stephanie Knobloch, stellvertretende Filialleiterinnen der HASPA in Bargteheide. Seit sechs Jahren teilt sie sich mit ihrer Kollegin Melania Wegner diese Position. Beide arbeiten jeweils 60 Prozent, drei volle Tage in der Woche. Knobloch montags und dienstags, Wegner mittwochs und donnerstags. Und beide eben zusammen am Freitag: „Dann haben wir unseren Jour Fixe. Wir reflektieren, wie die Woche gelaufen ist, welche Baustellen es gibt und was in der kommenden Woche zu tun ist.‟

Wer mit Knobloch über ihr Arbeiten im Tandem spricht, erlebt sehr viel Enthusiasmus. Da sie sich erst 2016 intern zur Führungskraft weitergebildet hat, habe sie sehr von der langjährigeren Erfahrung ihrer Job-Partnerin profitiert. Es brauche allerdings auch Vertrauen, sich auf Absprachen zu verlassen, wenn man nicht permanent eingebunden ist: „Die Gefahr am Anfang ist, dass Doppelungen entstehen. Wir sind zum Beispiel häufig noch zu zweit in Meetings gegangen, damit wir direkt beide auf dem neuesten Stand sind. Das machen wir heute nicht mehr.‟

Auch Katrin Wraage teilt sich ihre Stelle als Filialdirektorin der HASPA Hohenfelde. Ihre Kollegin Claudia Hatje und sie haben ebenfalls 60-Prozent-Verträge. „Meistens arbeiten wir aber doch mehr‟, erklärt die Finanzfachfrau – eine stete Herausforderung bei Teilzeitmodellen. Der Rhythmus im Tandem habe sich jedoch „super eingespielt‟. Und bei Ad-hoc-Entscheidungen stehe dann auch mal ein Telefonat am freien Tag an. Eine Dynamik, die Wraage gerne in Kauf nimmt. Ermöglicht das Jobsharing doch viele Freiheiten – in Bezug auf Familie und Freizeit, aber auch auf berufliche und persönliche Entwicklungen. So konnte Katrin Wraage nebenbei eine Coaching-Ausbildung absolvieren.

Neue Arbeitsprozesse ausprobieren

Parallel zur Festanstellung eine Selbstständigkeit aufzubauen, dieses Ziel konnte Betriebswirtin Hilke Krause dank eines Tandem-Modells im Unilever-Konzern realisieren. Mit ihrer Kollegin Anne Wortmann ist sie für die Eismarke Ben & Jerry’s als Country Business Lead für die DACH-Region zuständig. Das Jobsharing ermöglicht ihr zudem, intern bei Unilever als agiler Coach an Transformationsprozessen mitzuwirken. An ihrem freien Tag wiederum unterstützt sie Einzelpersonen und Unternehmen als Purpose-Coach bei der Suche nach deren sinnstiftendem Wesenskern. Sie hält Keynotes und gibt Masterclasses, etwa für Siemens, wo sie jüngst zum Thema Storytelling eingeladen war. „Im Tandem arbeiten zu wollen, ist das Resultat meiner eigenen Purpose-Reise‟, resümiert Hilke Krause. „Ich wollte neue Arbeitsprozesse ausprobieren.‟

Ihr Beispiel zeigt, dass sich das Tandem-Modell je nach Branche und Anforderungen flexibel organisieren lässt: Krause, die eine 90-Prozent-Stelle hat, und Wortmann, die auf 80 Prozent arbeitet, haben an vier Tagen überlappende Bürozeit. Einmal die Woche treffen sie sich für zwei Stunden zu ihrem ritualisierten „Munch & Meet‟, um Themen zu erörtern und Termine zu planen. Des Weiteren sprechen sie sich bei Bedarf immer wieder kurzfristig im Laufe des Workflows ab. Da sowohl ihre Tandem-Partnerin als auch sie noch weitere Rollen in der Firma innehaben, sei die größte Herausforderung, „die Hüte hin- und herzuschmeißen‟ und dabei noch Zeitblöcke freizuhalten, in denen sich konzentriert arbeiten lässt. Aber Hilke Krause ist überzeugt: „Im Jobshare machen wir den Job besser.‟

Hier wird weiterdiskutiert

„Mit Jobsharing-Tandems vorhandene Potenziale heben“ ist das Thema eines der Foren beim „Tag des Mittelstands“, zu dem die Handelskammer, die Handwerkskammer, der Verband Freier Berufe Hamburg (VFB) und die Stadt Hamburg am Donnerstag, 8. Juni, in die Handelskammer einladen. Moderiert wird das Forum von Michaela Beck und Anna Heidenreich, die in der Handelskammer selbst im Tandem führen – die HW berichtete: „Doppelt führt besser“. Die kostenlose Anmeldung zur Veranstaltung ist hier möglich.

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