HW-Tandem-Serie, Teil 7: Tandem auf den Punkt gebracht

Beim „Tag des Mittelstands“ in der Handelskammer diskutierten Fachleute über Vorteile und Herausforderungen des Arbeitsmodells „Jobsharing“. Dabei wurde deutlich: Mut und positive Vorbilder sind notwendig, wie der siebte und letzte Teil der HW-Artikelreihe zum Thema erläutert.
Angela Pfeiffer
Sprachen beim „Tag des Mittelstands“ in der Handelskammer über ihre Erfahrungen beim Arbeiten im Tandem (v. li.): Susanne Wischnewski, Vanessa Whiteford, Kibreab Wolde-Mikael, Birte Palzer, Tatjana Kiel, Michaela Beck und Anna Heidenreich

Von Birgit Reuther, 14. Juni 2023

„Jobsharing ist eine Management-Entscheidung und ein gesellschaftliches Anliegen, kein spezifisches Frauenthema“, sagt Michaela Beck in aller Deutlichkeit. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Anna Heidenreich teilt sie sich in der Handelskammer die Führungsposition des Geschäftsbereiches „Fachkräfte und Lebenswerte Metropole“. Und zusammen moderierte das „Team Heideck“, wie die beiden als berufliches Duo offiziell heißen, beim „Tag des Mittelstands“ in der Handelskammer auch das Forum „Mit Jobsharing-Tandems vorhandene Potenziale heben“.

Auf ihrer Internetseite informiert die Handelskammer auch über innovative Arbeitsmodelle mit Zukunftspotenzial. Unter anderem geht es dort um Mobiles Arbeiten, um Lebensarbeitszeitkonten und um Jobsharing. Die Informationen sollen als Inspiration dienen, wenn es darum geht, individuelle Lösungen für betriebliche und persönliche Anforderungen zu finden oder auf unvorhergesehene Probleme in der praktischen Umsetzung zu reagieren. Bereits im vergangenen Jahr berichtete die HW in dem Artikel „Doppelt führt besser“ über das Arbeiten im Tandem, wie es Anna Heidenreich und Michaela Beck schon seit längerer Zeit erfolgreich praktizieren: Als „Team Heideck“ leiten die beiden Kolleginnen den Handelskammer-Geschäftsbereich „Fachkräfte und Lebenswerte Metropole“ gemeinsam.

Das Panel stand auch unter der Fragestellung „Wie wollen wir künftig leben?“ im Rahmen der Standortstrategie „Hamburg 2040“. Über ihre Jobsharing-Erfahrungen sprachen unter anderem Birte Palzer und Kibreab Wolde-Mikael, die bei Beiersdorf zu zweit den Logistikbereich „VAS Operations“ für Deutschland und die Schweiz verantworten. „Bei mir hat es fünf Kinder und eine Pandemie gebraucht, um zu erkennen, dass ich Privatleben und Arbeit mehr in Balance bringen möchte“, erklärte Kibreab Wolde-Mikael lachend.

Stärke im Duo

Also machte er Birte Palzer, die bereits Tandem-Erfahrungen hatte, einen „Arbeitsantrag“, um mit doppelter Kraft in die Führung zu gehen. Einer der Vorteile: „Wir fühlen uns vierschultrig besser gewappnet, gerade in herausfordernden Situationen“, erzählte Birte Palzer während der Veranstaltung. Einen weiteren Pluspunkt einer geteilten Spitze erläuterte Vanessa Whiteford, Geschäftsführerin des Optikergeschäftes „Sehgang“ in Ottensen: „Ich kann weg, ich kann Urlaub machen und dann ist dennoch jemand da, der die Geschäfte in meinem Sinne führt.“

Mit ihrer Firma Kardeel Consulting sowie als Vorstandsmitglied des Verbands deutscher Unternehmerinnen für Hamburg und Schleswig-Holstein hat Susanne Wischnewski einen guten Überblick darüber, wie der Mittelstand in Bezug auf Personalgewinnung aufgestellt ist. „Heute erleben wir bei Unternehmen, dass Jobsharing eine ganz klare strategische Entscheidung ist“, erklärte sie auf dem Panel. „Die Erreichbarkeit ist höher und die Kompetenzen werden potenziert.“ Allerdings müsse sich die Wirtschaft auch gezielt mit dem Thema auseinandersetzen und dieses aktiv vorantreiben – indem etwa Arbeitgebende verstärkt internationale Fachkräfte akquirieren.

Jobsharing auch auf Führungsebene

Jobsharing habe die Experimentierstufe zwar verlassen, waren sich die Teilnehmenden der Runde einig. Doch ein Megatrend sei die Arbeit im Couple noch nicht. Die Unternehmerin und Aktivistin Tatjana Kiel betonte, dass Vorbilder gerade im „Topsharing“, also auf der Leitungsebene, notwendig seien, damit alle Menschen erkennen, dass sie die Möglichkeit haben, im Jobsharing zu arbeiten. „Vielen Frauen zum Beispiel ist klar, dass sie keine lineare Karriere machen werden, wenn sie Kinder bekommen. Wir haben viele Fachkräfte auf den Spielplätzen sitzen – und das ist eine Katastrophe für den Arbeitsmarkt“, sagte Kiel, die sowohl CEO von Klitschko Ventures ist als auch die gemeinnützige Organisation #WeAreAllUkrainians geschäftsführend leitet.

Die Teilnehmenden auf dem Panel haben verdeutlicht, dass Reflexions- und Kommunikationsvermögen vorteilhaft sind, um im Tandem zu arbeiten. Zudem benötige Jobsharing gegenseitiges Vertrauen und Kompromissbereitschaft. Eine gewisse „Tandemability“ also. „Wichtig ist, dass das gemeinsame Selbstverständnis eines Tandems größer ist als die einzelnen Egos“, erklärte Kibreab Wolde-Mikael. Seine Empfehlung: „Mutig sein! Der Weg entsteht, indem man ihn geht.“

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