HW-Tandem-Serie, Teil 3: Kommunikation ist alles

Wie gelingt es Führungstandems, sich im alltäglichen Berufsleben regelmäßig alle wichtigen Informationen zukommen zu lassen? Diesem Thema widmet sich Teil 3 der HW-Artikelreihe zu dem beliebten Jobsharing-Modell – und stellt zwei Tandems bei Unilever und Beiersdorf vor.
Katja Wagner, Henriette Pogoda
Anja Alpert und Katja Wagner (Unilever), Natali Proff de Hadviger und Martina Reick (Beiersdorf)

Von Birgit Reuther, 17. Mai 2023

Wie funktioniert die Kommunikation, wenn zwei Fachkräfte gemeinsam auf einer Stelle arbeiten? Diese Frage ist wohl eine der häufigsten in Bezug auf Jobsharing im Tandem-Modell.

„Den Informationsfluss zwischen uns permanent zu gewährleisten, bedarf durchaus der Disziplin“, sagt Katja Wagner. Seit acht Jahren bildet sie mit ihrer Kollegin Anja Alpert bei Unilever in Hamburg das „Team Kanja“. Und seit vier Jahren nehmen sie gemeinsam die Position eines „Head of Brand Communication & Agile Transformation“ ein, sind also für die Markenkommunikation und die agile Transformation im Nahrungsmittel-Bereich zuständig.

Viele Kommunikationswege: Das Führungstandem bei Unilever

„Wir treiben gerne Veränderungsprozesse voran und ziehen daraus viel Energie“, sagt Katja Wagner. Und zu diesem Wandel gehört auch, neue Formen der Kommunikation zu etablieren, die sowohl strukturiert als auch flexibel sind. Alpert und Wagner machen es im Tandem vor. Und dazu gehört weit mehr, als dass der Mailverkehr immer an beide geht.

„Diejenige, die ,in charge‘ ist, schreibt der anderen eine Übergabemail für den kommenden Morgen, in der sie Prozesse Revue passieren lässt und kommende To-dos festlegt“, erläutert Anja Alpert. Katja Wagner ergänzt: „Das ist eine wertvolle Reflexion.“ An einem Tag in der Woche überschneiden sich ihre Arbeitsteilzeiten, und für kurze Updates nutzt das Team Kanja das digitale Notizbuch OneNote. Vertrauliches wird persönlich am Telefon oder bei einem gemeinsamen Kaffee besprochen.

Strukturiert arbeiten, klar entscheiden: Ein Erfolgsrezept im Jobsharing

„Ich starte wesentlich zielgerichteter in den Tag, da ich mit der Übergabemail von Anja beginne“, erklärt Wagner. Beide sind überzeugt, dass die kontinuierliche Reflexion und Definition von Abläufen und Aufgaben im Jobsharing zu einem fokussierteren und effizienteren Arbeiten führt.

Das bedeutet eine gute Organisation des Tagesgeschäfts: „Im Tandem werden die Learnings aus dem agilen Coaching perfekt angewendet, denn wir organisieren unsere Aufgaben nach Prioritäten und brechen sie in kleinere Blöcke herunter“, führt Alpert aus.

Um sich über das operative Geschäft hinaus Feedback zu geben und Strategien voranzutreiben, treffen sich die beiden zudem regelmäßig zu „Kanja-Sessions“. In diesem wöchentlichen Sparring evaluieren sie auch die Entscheidungen, die sie als Tandem in die Firma hinein vertreten.

Wichtig sind darüber hinaus klare Zuständigkeiten. „Diejenige, die im Dienst ist, entscheidet“, erklärt Anja Alpert dezidiert. Gerade am Anfang, wenn das Tandem noch weniger gut eingespielt sei, bestehe mitunter die Gefahr, dass die Partnerinnen in der Kommunikation mit dem Team in oppositionelle Rollen gedrängt werden. Es gehe daher darum, mit einer Stimme zu sprechen.

Ein Ansatz, der in der Praxis für das Team Kanja funktioniert: „Es gibt wirklich selten Situationen“, sagt Anja Alpert, „in denen ich vielleicht in Nuancen anders entschieden hätte.“

Ständiges Feedback und gegenseitiges Anfeuern: Jobsharing bei Beiersdorf

Wie wichtig eine gemeinsame „gut eingegroovte“ Basis in der Kommunikation ist, hat auch Natali Proff de Hadviger erfahren. Im Jahr 2013 übernahm sie eine der ersten Tandem-Positionen bei Beiersdorf; seit drei Jahren bekleidet sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Martina Reick die Position eines Global Associate Marketing Director. Zusammen sind beide weltweit für die Vermarktung der Marke „Eucerin Body“ verantwortlich.

Das „Team MaNi“, wie die beiden als Tandem heißen, nutzt zahlreiche Kanäle, um den Austausch untereinander konstant aufrechtzuerhalten und zugleich Doppelungen zu vermeiden – von Mails über OneNote bis hin zu WhatsApp und Telefonaten.

„Kommunikativ ist das zwischen uns ein ständiges gegenseitiges Anfeuern. Und ich habe den Eindruck, dass ich viel bedachter arbeite, um Martina dann auch gute Ergebnisse übergeben zu können“, erläutert Natali Proff de Hadviger. Um diesen Eindruck zu überprüfen, holt sich das Tandem regelmäßig Feedback: von den Vorgesetzten, aber auch von anliegenden Abteilungen – und vor allem von seinem derzeit sechsköpfigen Team. Die Einschätzung aus dem Unternehmen: „Die Entscheidungen kommen wirklich sehr schnell.“

Der Luxus, nachfragen zu können

Offenheit nach innen, Klarheit nach außen: Das ist für Natali Proff de Hadviger das A und O der Kommunikation im Jobsharing. „Für die Firma oder Außenstehende ist es egal, wer gerade verantwortlich ist, denn sie schreiben an eine Mailadresse und bekommen immer eine Antwort“, sagt die Marketing-Expertin.

Auf ihren gemeinsamen Schnittstellentag legen die beiden bewusst viele Meetings, „damit das Team uns auch gemeinsam erlebt“. Wichtig sei, die Entscheidung der anderen auch in kritischen Situationen und bei Konflikten mitzutragen. In guten wie in schlechten Tagen. „Für große Egos und Alpha-Tiere, die alles alleine entscheiden wollen, ist so ein Jobsharing-Modell nichts“, sagt Proff de Hadviger. Ihr Fazit: „Man muss ‚teamig‘ sein!“

Sie empfindet es als absolute Luxussituation, ihre Jobsharing-Partnerin immer kurz fragen zu können: „Wie siehst du das?“ Sowohl bei einem schlechten Bauchgefühl als auch bei positiven Entwicklungen, etwa der Arbeit an einem neuen Design. Da wird dann auch mal schnell ein Screenshot geschickt, um kurz Inspiration zu erhalten, während Martina Reick auf dem Spielplatz sitzt. „Das ist wirklich toll“, sagt  Proff de Hadviger voller Überzeugung. „Deshalb mache ich das seit zehn Jahren.“

Hier wird weiterdiskutiert

„Mit Jobsharing-Tandems vorhandene Potenziale heben“ ist das Thema eines der Foren beim „Tag des Mittelstands“, zu dem die Handelskammer, die Handwerkskammer, der Verband Freier Berufe Hamburg (VFB) und die Stadt Hamburg am Donnerstag, 8. Juni, in die Handelskammer einladen. Moderiert wird das Forum von Michaela Beck und Anna Heidenreich, die in der Handelskammer selbst im Tandem führen – die HW berichtete: „Doppelt führt besser“. Die kostenlose Anmeldung zur Veranstaltung ist hier möglich.

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