Wie würden Sie, Herr Dr. Dräger, Ihr Start-up jemandem, der noch nie davon gehört hat, beschreiben, und wie ist die Firmenidee entstanden? Warum gerade eine Pferdeüberwachung?
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Pferde sind für ihre Besitzer besondere Tiere. Die allermeisten verbringen jeden Tag viele Stunden mit ihnen, kümmern sich intensiv um sie. Und es sind empfindliche Tiere, denn alle drei Minuten stirbt ein Pferd an einer Kolik, die oft erst zu spät erkannt wird. Und ein Mensch kann nicht 24 Stunden am Tag im Stall sein. Und da kommt der von mir entwickelte HORSE PROTECTOR ins Spiel.
Ich beschäftige mich bereits seit knapp zehn Jahren mit Künstlicher Intelligenz. Meine Tante, die einen Stall besitzt, fragte mich, ob man den Pferden nicht mit dieser Technologie etwas Gutes tun kann. Und so ist die Idee für ACARiS entstanden: ein Kamerasystem mit Künstlicher Intelligenz, das die Gesundheit der Pferde rund um die Uhr überwacht und ihre Besitzer informiert, wenn die Tiere sie brauchen. Das war der Startschuss für den HORSE PROTECTOR, den unsere Kunden inzwischen weltweit mehr als 1000 Mal einsetzen.
Was unterscheidet Ihre Überwachungstechnik von herkömmlichen Videosystemen?
Die Technologie kann man sich so vorstellen, dass ein Computer die Videodaten 24 Stunden am Tag analysiert. Er hat gelernt, wann sich ein Pferd normal verhält und wann es Auffälligkeiten zeigt oder sogar Symptome einer Krankheit. Unser Algorithmus hat inzwischen mehr als 300 Jahre Videomaterial von Pferden „gesehen“ und gelernt, wie es beispielsweise aussieht, wenn ein Pferd steht, frisst, sich bewegt – oder welche Verhaltensmuster für den Beginn einer Geburt sprechen. Inzwischen erkennt der HORSE PROTECTOR Anzeichen unterschiedlicher Krankheiten, überwacht Geburten und hilft Ärzten bei der medizinischen Analyse von kranken Tieren. Oder warnt Stallbesitzer, wenn ein Unbefugter sich den Pferden nähert.
Wir erklären unseren Kunden die Technologie gern so: Bei einem herkömmlichen Videosystem müsste ein Mensch nicht nur in den entscheidenden Situationen selbst auf die Kamera schauen, sondern er müsste auch das Verhalten richtig deuten können. Und hier hat die Künstliche Intelligenz einen riesigen Vorteil: Sie ist immer wach und ist quasi Tierpfleger, Arzt, Wachmann und Beschützer in einem. Und weil wir „Deep Learning“-Algorithmen verwenden, lernt unser System ständig hinzu.
Wie sieht Ihre Zielgruppe aus, und wie erreichen Sie diese?
Mittlerweile haben wir Anwender aus vielen verschiedenen Zielgruppen. Zuallererst haben wir unsere Systeme erfolgreich an Pferdezüchter verkauft, die bei anstehenden Geburten nicht mehr ständig nachts im Stall sein mussten, sondern dank des HORSE PROTECTORS wieder schlafen konnten. Und natürlich an Stallbesitzer, die die Gesundheit ihrer Tiere im Blick haben möchten. Inzwischen arbeiten wir auch sehr intensiv mit Tierärzten, Kliniken und tiermedizinischen Instituten zusammen, die kranke Tiere in kritischen Situationen sehr viel besser als bisher überwachen können. Und nicht zuletzt setzen viele Profisportler der internationalen Reitelite unsere Kameras ein, denen Gesundheit und Sicherheit ihrer Tiere ganz besonders am Herzen liegen.
Uns hilft bei der Vermarktung vor allem, dass Reiter viel miteinander sprechen. Wir verkaufen unserer Systeme oft aufgrund von Empfehlungen zufriedener Kunden. Es spricht sich herum, wenn beispielsweise eine Erkrankung durch den HORSE PROTECTOR frühzeitig erkannt wird und dadurch ein kostspieliger Klinikaufenthalt oder Schlimmeres verhindert wird. Jeder Pferdebesitzer kennt andere Reiter, denen ein Wächter für ihre Schützlinge sehr geholfen hätte.
Selbstverständlich sind wir auch auf vielen Fachveranstaltungen aktiv und stellen unsere Systeme vor: auf Messen, Kongressen, bei Verbänden und natürlich auch bei unseren Kunden direkt im Stall. Außerdem geben wir Webinare und betreiben Social Media, um unsere Produkte bekannter zu machen. In Deutschland ist uns das bereits gut gelungen, weshalb wir nun auch die Auslandsmärkte im Fokus haben. Außerdem werden wir in diesem Jahr noch einen neuen Markt erschließen: Wir werden eine kameragestützte Gesundheitsüberwachung für die Viehwirtschaft vorstellen. Es bleibt also spannend!
Dr. Arne Rasmus Dräger ist Gründer und CEO der ACARiS GmbH. Er hat in Physik promoviert und hält Vorträge über Künstliche Intelligenz. Der von ihm erfundene HORSE PROTECTOR hat mittlerweile unter anderem über 2000 Geburten von Fohlen erfolgreich überwacht.